Symbolbild Social Media, Detailansicht eines Smartphones mit Apps für soziale Medien, Facebook, Twitter, Instagram, Tik Tok, Snapchat, Pinterest, YouTube, Twitch, Reddit, Deutschland, Europa

Radikale Inhalte in Social Media: Was Eltern tun können

Stand: 02.02.2024, 18:43 Uhr

Was passiert da eigentlich auf den Handys von Kindern und Jugendlichen? Experten warnen vor extremistischer Propaganda auf Online-Plattformen wie TikTok und Youtube. Wie Eltern ihre Kinder erreichen können.

Von Lars Faulenbach

Schnell geschnittene Musikvideos, lustige Slapstickeinlagen, Memes und Challenges, also Herausforderungen oder Mutproben: Mit einer endlosen Dauerschleife an kurzen Videos ist die Social Media Plattform TikTok gerade bei jungen Nutzern extrem erfolgreich. Doch zwischen die harmlosen Inhalte mischen sich immer häufiger politische und auch extremistische Inhalte.

"Extremistische Angebote holen Jugendliche da ab wo sie sind"

Mit denen versuchten etwa Rechtsextremisten erfolgreich an Kinder und Jugendliche heranzukommen, warnt der stellvertretende Direktor der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz Thomas Salzmann: "Die Angebote sind kind- und jugendgerecht aufgemacht. Es holt die Jugendlichen dort ab, wo sie sind und wie sie sind. Das Format ist sehr schnelllebig. Es ist trotzdem geeignet, Botschaften schnell zu setzen und vor allem auch Gefühle zu vermitteln."

Und die Algorithmen vieler Sozialer Netzwerke wie TikTok würden radikalisierende Inhalte befördern, kritisiert Salzmann. Erst mal am Haken, würden Extremisten Kinder und Jugendliche mit weiteren zielgruppengerechten Inhalten ködern, etwa Spielen: "Wir haben es mit Games zu tun, die politisch Andersdenkende, Homosexuelle und Journalisten zu Endgegnern stilisieren, die dann abgeschossen werden müssen."

Die Jugendlichen würden außerdem auf kleinere Plattformen wie Telegram gelockt, wo ein persönlicherer Austausch möglich ist. Auch Robert de Lubomirz-Treter von der Landeszentrale für Medien sieht die Gefahren die auf TikTok und Youtube auf Kinder und Jugendliche lauern. Er leitet für die LfM die Plattform Fragzebra.de, die Heranwachsende über Fake News, Phishing-Mails oder die Probleme mit sexuellen Inhalte in Sozialen Medien aufklärt.

Extremistische Inhalte setzen auf Emotionen, Humor und einfache Botschaften

Extremisten setzten auf TikTok und Co neben Emotionen und Humor vor allem auf eines: Einfache Lösungen für komplexe Probleme, erklärt Lubomirz-Treter. Das, was "einfach" klinge "und nach einer Idee, die es so noch nicht gibt, die so vielleicht auch noch nicht in den Nachrichten besprochen wird" , sei "spannender als ein zwei Minuten langes Video, das versucht ein komplexes Problem zu erklären".

Außerdem würden Extremisten versuchen, ein Gemeinschaftsgefühl zu stiften. Das funktioniere in Filterblasen auf TikTok, Youtube oder Facebook gut. Wenn etwa in den Kommentarspalten unter einem Video alle das gleiche schreiben, erhöhe das die Glaubwürdigkeit.

Hinter einer Online-Radikalisierung steht oft der Wunsch nach Gemeinschaft

Für die Medienpädagogin Jessica Stratmann-Behr ist vor allem diese erlebte Gemeinsamkeit ein wichtiger Baustein auf dem Weg in die Online-Radikalisierung: "Der Grund warum Kinder in die Fänge von Rechtsextremen geraten, hat ja nichts mit Politik zu tun, sondern mit dem Wunsch nach Zugehörigkeit, Freunde zu haben, gemeinsam was erleben zu können." Sie rät Eltern deswegen, das eigene Kind zu beobachten und zu schauen, was ihm fehlt und was es braucht.

Sie hält es außerdem für wichtig, dass Eltern mit ihren Kindern im Kontakt bleiben, gerade in schwierigen Phasen wie der Pubertät, dass sie Interesse an dem zeigen, was Kinder sich in den sozialen Medien angucken und sie nicht nur kontrollieren wollen. Denn das Erlebnis ihrer Kinder auf TikTok selbst nachzuerleben, indem sie sich selber anmelden ist für Eltern nicht möglich, erklärt Robert de Lubomierz-Treter: "Eltern werden eine ganz andere TikTok-Erfahrung haben als Kinder und Jugendliche. Die Algorithmen funktionieren sehr nutzerbasiert."

Eltern sollten Kontrollmöglichkeiten der Plattformen nutzen

Deswegen sollten Eltern die Kontroll-Möglichkeiten nutzen, die sie haben, empfiehlt Thomas Salzmann von der BZKJ: "In den Betriebssystemen, in den Angeboten sind oft Eltern-Begleittools eingebaut. Die sollten genutzt werden um etwas Kontrolle über das Medienverhalten zu haben. Stellen sie die Voreinstellungen in den Angeboten etwa zur Privatsphäre mit ihrem Kind so, dass nur Kontaktmöglichkeiten bestehen zu denen, die sie kennen."

Falls das Kind oder der Jugendliche sich schon radikalisiert hat, raten die Experten dazu, sich Hilfe zu suchen. Dazu gehört der Austausch mit anderen Eltern, um zu erfahren, ob es in anderen Familien ähnliche Probleme gibt, weil bestimmte inhalte und Videos gerade angesagt sind. Dazu gehören aber auch Internetseiten wie Fragzebra.de und andere Hilfsangebote sagt Jessica Stratmann-Behr: "Auch wenn die Verbindung zur rechtsextremen Szene schon weit voran geschritten ist, dann gibt es Aussteigerprogramme. Dass die Eltern sich wirklich Hilfe holen, wenn die Eltern merken, es ist jetzt ernst und wir brauchen Unterstützung."

Anlaufstelle im Netz für Eltern:

Quellen:

  • WDR-Interview Thomas Salzmann
  • WDR-Interview Robert Lubomirz-Treter
  • WDR-Interview Jessica Stratmann-Behr

Manipulation auf Online-Plattformen

03:51 Min. Verfügbar bis 03.02.2026