Wie klimaschädlich ist unser Obst?

Aktuelle Stunde 07.02.2024 03:50 Min. UT Verfügbar bis 07.02.2026 WDR Von Dorothea Schluttig

Brauchen wir Erdbeeren und Blaubeeren das ganze Jahr?

Stand: 07.02.2024, 21:18 Uhr

Blaubeeren und Erdbeeren im Winter: kein Problem. Wer Obst liebt, muss längst nicht mehr warten, bis die Lieblingsfrucht Saison hat. Doch schmeckt das auch dem Klima?

Die Auswahl an Obst und Gemüse ist riesig. Zu jeder Jahreszeit. Viele der Köstlichkeiten haben allerdings eine weite Anreise hinter sich. Blaubeeren zum Beispiel, die momentan häufig auch im Angebot zu haben sind, kommen im Winter aus Südamerika.

Was alles möglich ist, lässt sich am Mittwoch in Berlin bei der "Fruit Logistica" bestaunen, einer Fachmesse für die Obst- und Gemüsebranche. Die Messe hat eher keine saisonale und regionale Ausrichtung. Braucht es die denn überhaupt?

Wie wichtig ist frisches Obst im Winter?

Beeren gelten als Vitamin-C-Spender und damit als Booster für das Immunsystem. Da toppt die Erdbeere sogar die Zitrusfrucht.

Gleichwohl verweist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) darauf, dass der Vitamin-C-Bedarf des Menschen nicht nur über Obst, sondern auch über Gemüse gedeckt werden kann. Und Gemüse steht in Deutschland auch im Winter aus regionaler Produktion zur Verfügung.

Beim Obst gibt es ganzjährig laut Saisonkalender des Bundeszentrums für Ernährung eigentlich nur den Apfel aus heimischem Anbau. Die kürzesten Verfügbarkeits-Pausen heimischer Obstsorten haben Birne und Erdbeere mit vier bzw. drei Monaten. Gemüsesorten wie Chicorée, Feldsalat, Möhren, Lauch, Rettich, Rote Bete, Weißkohl und Zwiebeln sind zwölf Monate lang zu haben.

Wie ist Import-Obst ökologisch zu bewerten?

Mit Blick auf den "ökologischen Fußabdruck" spielt der Transportweg eine große Rolle. Da stehen der in Deutschland ganzjährig verfügbare Weißkohl und die relativ kostengünstig einzulagernde Kartoffel besser da als die Blaubeere, die im Winter aus Chile oder Peru importiert werden muss. Hierzulande wächst die Beere nur im späten Frühling und Sommer.

"Importiertes Obst hat in der Regel immer längere Transportwege mit Lkw, Schiff oder sogar Flugzeug hinter sich, was zu einem höheren CO2-Fußabdruck führt", sagt Corinna Hölzel, Sprecherin des  Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Für Andreas Brügger, Geschäftsführer des Deutschen Fruchthandelsverbandes (DFHV) greift der alleinige Blick auf Transportwege aber zu kurz: "Im gesamten Prozess vom Anbau bis zum Verkauf gibt es so viele Faktoren. Das auf den Transportweg zu reduzieren, macht keinen Sinn."

Man müsse den Energieverbrauch auf allen Ebenen sehen. Das gelte letztlich auf für heimische Produkte, die gekühlt über einen längeren Zeitraum eingelagert werden. Zudem seien Obst und Gemüse ohnehin die Lebensmittel mit dem geringsten CO2 -Abdruck.

Heimische Früchte oder Importprodukte?

Geschmacklich muss das jeder Konsument für sich selbst entscheiden. Mit Blick auf die Umwelt und den klimaschädlichen Transport vertritt BUND-Sprecherin Hölzel jedoch eine klare Position: "Wir empfehlen eine regionale, saisonale Ernährung in Bio-Qualität. Im ökologischen Anbau wird auf Mineraldünger und den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide verzichtet." Bei uns nicht wachsende Obstsorten sollten laut Hölzel zumindest in Bio-oder Fair-Trade-Qualität gekauft werden.

Güte-Siegel hält auch DFHV-Chef Brügger für eine gute Entscheidungshilfen. Aber die Beschränkung aufs Regionale und Saisonale findet er zu eng. Zum einen müsse man den Kunden ganzjährig eine gewisse Vielfalt bieten, und zum anderen sei der Winter-Import einer Blaubeere von Peru nach Deutschland auch eine "praktische Entwicklungshilfe".

Muss Deutschland Obst und Gemüse importieren?

Ja. Derzeit kann sich Deutschland lediglich mit Kartoffeln selbst versorgen. Beim Gemüse liegt der Selbstversorgungsgrad laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft bei nur knapp 40 Prozent, beim Obst sind es sogar nur 20 Prozent.

Letztlich geht es also darum, die Qualität der Importe so hoch und den "ökologischen Fußabdruck" so klein wie möglich zu halten.

Über dieses Thema berichtet am Mittwoch unter anderem auch das Morgenecho auf WDR 5.