Gasmangel: Wer würde zuerst vom Netz genommen?

Stand: 19.05.2022, 12:34 Uhr

Der Chef der Bundesnetzagentur hat in einem Interview Details zur Abschalt-Reihenfolge bei einem möglichen Gasmangel bekanntgegeben. Kritische Infrastruktur und Privathaushalte erhalten dann Schutz.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat für den Fall einer Gasnotlage Kriterien für eine Abschaltung vorgestellt. In den vergangenen Wochen hatte die Behörde dafür Daten zum Gasverbrauch in Deutschland erhoben.

Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärte Müller, weite Teile des Landes - darunter Privathaushalte, Supermärkte und medizinische Einrichtungen - seien komplett vor Abschaltungen geschützt.

Geschützt werden demnach:

  • Privathaushalte mit einem Gasverbrauch von bis zu 10.000 kWh Gas/Jahr (darunter auch Selbstständige, die zuhause arbeiten)
  • Gewerbebetriebe mit einem Verbrauch von bis zu 1,5 Mio. kWh Gas/Jahr (darunter Supermärkte und Bäckereien)
  • Feuerwehr und Polizei
  • Krankenhäuser
  • Schulen und Kitas
  • Gefängnisse
  • Bundeswehr

Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder müssten sich allerdings auf Abschaltungen einstellen, so Müller. "Wenn es zur Notlage kommt, ist es einleuchtend, zunächst im Freizeitbereich einzugreifen, bevor wir Industriebetriebe reduzieren oder abschalten, an denen ja viele Arbeitsplätze und auch wichtige Produkte hängen", führte der Netzagentur-Chef zur Begründung an.

Auch Großverbraucher in der Industrie könnten im Ernstfall abgeschaltet werden.

Für die Großindustrie gibt es dabei laut Müller sechs Kriterien:

  • Dringlichkeit der Maßnahme
  • Größe der Firma
  • Vorlaufzeiten für die Gas-Abschaltung
  • damit verbundene wirtschaftliche Schäden
  • Kosten und Dauer der Wiederinbetriebnahme
  • Bedeutung für die Versorgung der Gesellschaft

Es sei dabei nicht möglich, diese Kriterien in eine eindeutige Reihenfolge zu bringen. "Es gilt bei geringstmöglichem Schaden die in der konkreten Situation schnellstmögliche Lösung zu finden", sagte Müller. "Einfach wird das nicht."

Die Bundesregierung hat kürzlich wegen des Ukraine-Kriegs den Notfallplan Gas aktiviert und die Frühwarnstufe ausgerufen. Denn nicht nur im Fall eines Stopps der Lieferungen durch Russland, sondern auch bei einem Gasembargo von europäischer Seite gegen russische Lieferungen entstünde eine ernste Knappheit.

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