In der Silvesternacht waren am Kölner Hauptbahnhof Frauen sexuell belästigt und augeraubt worden

Silvesternacht: Hohe Anzeigenbereitschaft "äußerst ungewöhnlich"

Stand: 11.07.2016, 17:00 Uhr

  • Kriminologe Hartmut Pfeiffer vor dem Silvester-Untersuchungsausschuss (11.07.2016)
  • Bericht über Studie zu Sexualdelikten
  • Große Zahl der Anzeigen wegen sexueller Belästigung statistisch äußerst ungewöhnlich

Als Leiter der Kriminologischen Forschung und Statistik im LKA Niedersachsen war Hartmut Pfeiffer in der 29. Sitzung des Ausschusses als Zeuge geladen. 2015 hatte Pfeiffer für das LKA eine Dunkelfeldstudie zu Sexualdelikten in Niedersachsen veröffentlicht. Demnach sei es äußerst ungewöhnlich, dass derart viele Fälle von sexueller Bedrängung überhaupt im öffentlichen Raum geschehen, sagte Pfeiffer. Laut Studie liege die Quote hier im kaum messbaren Bereich. Häufige Tatorte seien dagegen Diskotheken, Volksfeste und Arbeitsplatz oder Schule.

Ebenso überrascht zeigte sich Pfeiffer über die hohe Zahl der Strafanzeigen, die aus der Silvesternacht resultierten. Nach Angaben des BKA liegen der Kölner Polizei mittlerweile rund 1.200 Anzeigen vor, 500 davon wegen Sexualstraftaten. Laut Dunkelfeldstudie kommt sexuelle Belästigung normalerweise gerade mal in sechs Prozent der Fälle zur Anzeige. Als aus wissenschaftlicher Sicht "faszinierend" bezeichnete Pfeiffer die Tatsache, dass auch noch Wochen nach dem Jahreswechsel weitere Anzeigen eingingen. Möglicherweise seien die Opfer durch die "politische Begleitung" der Ereignisse ermutigt worden, aus dem Dunkelfeld herauszutreten. Ob sich dadurch eine neue Dynamik entwickeln könnte, die zu einer höheren Anzeigenquote bei Sexualdelikten führt, mochte Pfeiffer noch nicht prognostizieren. Das könne man frühestens nach einem Jahr beurteilen.

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