Scope ist neu im Kreise der Ratingagenturen, mit denen das Land Nordrhein-Westfalen zusammenarbeitet. Ihre Ratings sollen die Bonität von Schuldnern bewerten. Die Einstufung hat Einfluss darauf, wie teuer Kredite vergeben werden. NRW kann sich wegen seiner guten Bewertung also zu vergleichsweise guten Konditionen Geld leihen.
Jens Südekum, Professor für International Economics an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und SPD-Mitglied, zieht den Vergleich zu den USA: "Die haben eine höhere Schuldenquote und auch nicht durchweg das 'Triple A-Rating'. Die müssen für ihre Staatsanleihen wesentlich höhere Zinsen zahlen als es Deutschland und auch NRW muss".
Neue Bestnote mit wenig Auswirkungen
Dass das gute Rating etwas an der Finanzpolitik des Landes ändert, ist unwahrscheinlich. Denn die Höhe der Kredite, die NRW aufnehmen kann, ist durch die Schuldenbremse begrenzt. Dies dürfte sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern, da Ministerpräsident Hendrik Wüst als Anhänger der Schuldenbremse gilt.
Nordrhein-Westfalen gilt als verlässlich
Auch von anderen Ratingagenturen bekommt NRW gute Noten. Von Standard and Poor's zum Beispiel gibt es das etwas schlechtere AA. Das Land gilt dort immer noch als "guter Schuldner", bei dem das Risiko eines Kreditausfalls aber etwas höher liegt als bei Inhabern der Wertung AAA.
Auch Scope sieht Herausforderungen
Zu den Herausforderungen, die Scope in den nordrheinwestfälischen Finanzen sieht, gehört zum Beispiel eine weiter relativ hohe Schuldenlast, die Altschulden der Kommunen ("Kassenkredite") und die Abhängigkeit des Landes von energieintensiver Industrie. Der Kohleausstieg könnte ebenfalls noch weitere Kosten verursachen. Aber auch bei diesen Punkten sieht Scope nur geringe Risiken.
Scope als europäische Ratingagentur
Bisher wurde das Ratinggeschäft vor allem von amerikanischen Unternehmen dominiert. Scope ist eine europäische Ratingagentur, die erst vor Kurzem von der europäischen Bankenaufsicht zugelassen wurde. Das Unternehmen soll bewusst einen Gegenpol zur amerikanischen Sicht setzen.
Dies war auch ein Kritikpunkt in der europäischen Finanz- und Schuldenkrise. Das Schicksal ganzer Staaten hing von der Einstufung ihrer Kreditwürdigkeit ab, die weitentfernte Firmen aus dem Blickwinkel der Wallstreet vornahmen.
"Wes Brot ich ess, des Lied ich sing"?
Ökonom Jens Südekum glaubt nicht, dass eine europäische Ratingagentur "Gefälligkeitsbewertungen" abgeben würde. Denn die Reputation steht auf dem Spiel, nur durch Glaubwürdigkeit könne sie Geld verdienen. "Wenn alle verstehen, dass eine Ratingagentur sowieso immer nur Bestnoten rausgibt, dann wird niemand auch nur irgendwie einen Pfifferling auf die Bewertungen der Ratingagentur geben".
Über dieses Thema berichtet der WDR am 30.04.2024 auch in den Hörfunknachrichten und um 17.05 Uhr im Westblick auf WDR5.