Hendrik Wüst steht vor dem Hollywood-Zeichen

Wüst in Kalifornien: Kohle, Kampfjets und KI

Stand: 18.04.2024, 12:04 Uhr

Sechs Tage lang tourt Hendrik Wüst entlang der US-Westküste. Dort trifft er auf Manager von IT- und Rüstungsfirmen und wirbt für den Wirtschaftsstandort NRW - und für sich selbst.

Von Boris BaumholtBoris Baumholt

Kalifornien ist sehr beliebt, nicht nur bei Touristen, auch bei deutschen Unternehmen. Großkonzerne und Mittelständler aus Nordrhein-Westfalen investieren jedes Jahr Milliarden an der US-Westküste. Umgekehrt fließt deutlich weniger Geld nach NRW. „Das treibt mich um,“ sagt Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). "Wir wollen ja, dass die modernen Industrieanlagen in Nordrhein-Westfalen entstehen".

Das Zauberwort heißt: KI

Ein Begriff dominiert die Reise - KI. Um künstliche Intelligenz geht es vor allem am Mittwoch, als Wüst den Digitalkonzern Google besucht. Das Unternehmen nutzt künstliche Intelligenz nicht nur für seine Suchmaschine, sie ist auch das Herzstück für autonomes Fahren. In San Francisco begegnet man tatsächlich auf den Straßen schon Autos, in denen niemand mehr ein Lenkrad festhält.

Auch Wüst darf in der milden Abendsonne eine kleine Spritztour machen, gut beleuchtet für Kameraleute und Fotografen. Schließlich soll so eine Reise immer die richtigen Bilder produzieren. Insgesamt ist Kalifornien im Digitalbereich meilenweit vor NRW. Aber Wüst will aufholen und auf seiner Reise lernen, wie er mehrfach betont. Gleichzeitig nutzt er jede Gelegenheit, um offensiv für den Wirtschaftsstandort an Rhein und Ruhr werben.

Was will Ministerpräsident Wüst in den USA?

WDR 5 Westblick - aktuell 18.04.2024 04:52 Min. Verfügbar bis 18.04.2025 WDR 5


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Spitzenforschung und Start-Ups

Im Silicon Valley, dort wo Google und Co. mit ihren Konzernzentralen residieren, trifft man aber auch auf Firmen, die man dort nicht unbedingt erwartet hätte. Zum Beispiel das mittelständische Unternehmen Goldbeck aus Bielefeld. Die Firma macht seit mehr als 50 Jahren Stahlbau, zuletzt hatte sie die Produktionshallen von Tesla in Brandenburg gebaut. Seit einiger Zeit ist Goldbeck auch in Kalifornien aktiv. Zusammen mit der Universität Stanford erforschen die Bielefelder, wie sie KI für die Planungen ihrer Bauprojekte nutzen können.

Wüst spricht mit Studierenden in Standford

Wüst (Mitte) mit Studierenden der Eliteuniversität Stanford

Aus der Verbindung von Spitzenforschung in Stanford und jungen Start-Up-Unternehmen ist das Silicon Valley damals entstanden. Der Spirit in Kalifornien sei ein anderer, erzählen deutsche Studenten dem CDU Politiker auf dem Uni-Campus. Einige würden ganz gerne nach ihren Abschlüssen wieder nach Deutschland gehen, denken aber eher an Berlin oder München statt an Dortmund oder Köln. „Nehme ich als Hausaufgabe mit“, sagt Wüst und lädt alle ein, vielleicht doch ihre Karriere in NRW fort zu setzen.

California dreamin: Silicon Valley im Rheinischen Revier

Am liebsten hätte die NRW Landesregierung auch ein eigenes Silicon Valley. Im Rheinischen Revier hinterlassen die Braunkohlebagger nach 2030 nicht nur große Löcher und viel Brachland. Mit dem Kohleausstieg gehen auch tausende Arbeitsplätze verloren. Es braucht also neue Ideen und Perspektiven und neue Jobs.

„Von der Kohle zur KI“ hat die Landesregierung als Motto ausgegeben. Wüst erwähnt das bei fast jedem Termin auf seiner Reise. Und er hat jetzt sogar mehr als nur den Slogan im Gepäck. Der Tech-Gigant Microsoft will im rheinischen Revier mehr als 2 Milliarden Euro in hochmoderne Rechenzentren investieren. Das allein reicht aber noch nicht, um die wegfallenden Arbeitsplätze zu kompensieren. Wüst setzt auf eine Sogwirkung. „Das Momentum wollen wir ein Stück weit nutzen“, sagt er und hofft, dass weitere Unternehmen nachziehen.

In dieser Woche hat der taiwanesiche Computerkonzern Quanta angekündigt, er wolle in Jülich ein neues Produktionszentrum errichten. In drei Jahren sollen hier 400 Mitarbeiter Komponenten für selbstfahrende Autos herstellen, perspektivisch könnte die Mitarbeiterzahl sogar noch wachsen.

Hoffnungsträger Rüstungsindustrie

Eine Autostunde nördlich von Los Angeles besucht Wüst den US-Konzern Northrop Grumman. Das Unternehmen baut in einer riesigen Halle das zentrale Rumpfteil für den F-35 Kampfjet. Für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten ist extra eine Bühne in der Werkshalle aufgebaut, mitten vor einer riesigen US-Fahne. Aus den Boxen wummert basslastige Musik.

Hendrik Wüst steht mit drei anderen Männer vor einem Kampfjet, der sich im Bau befindet

Wüst (2. v.r.) vor dem Rumpfteil eines F-35 Kampfjets

Seit einigen Monaten arbeiten hier auch deutsche Ingenieure vom Rüstungskonzern Rheinmetall aus Düsseldorf. Sie absolvieren eine Art Praktikum und lernen, wie genau die Fertigungsschritte ablaufen. Denn ab Sommer 2025 wird Rheinmetall zusammen mit den US-Partnern auf dem Gelände des Flughafens Weeze am Niederrhein ebenfalls Rumpfteile für den modernsten Kampfjet der Welt bauen.

NRW-Speed

Mike Schmidt, CEO von Rheinmetall, ist ebenfalls dabei und lobt die nordrhein-westfälische Landesregierung. Das Genehmigungsverfahren habe nur sechs Wochen gedauert, viel schneller als üblich. Schmidt nennt das „the NRW-Speed“, die NRW Geschwindigkeit. Man sieht Hendrik Wüst an, wie sehr ihm dieser Termin gefällt.

Im Anschluss stellt er sich noch einmal in die große Halle vor eine Kamera und sagt, dass das nur der Anfang sei. Er wolle noch viel mehr Rüstungsprojekte nach NRW locken. Wüst ist da durchaus ehrlich: Hauptziel der Reise ist Werbung für den heimischen Standort. Und er weiß genau, welche Bilder und Slogans dafür notwendig sind.

Über das Thema berichten wir unter anderem am 18.04.24 im Westblick auf WDR 5 und am 21.04.24 in Westpol im WDR-Fernsehen.