Grimme Online Award 2023: Die besten Online-Angebote des Jahres

Stand: 15.06.2023, 21:45 Uhr

Einmal im Jahr vergibt das Grimme-Institut den "Grimme Online Award" für die besten deutschsprachigen Online-Angebote. Dieses Jahr auch für das WDR-Projekt "Stolpersteine". WDR-Digitalexperte Jörg Schieb über die Preisträger.

Von Jörg Schieb

Eine Besonderheit beim "Grimme Online Award" (GOA): Die Preisträger wissen vorher nicht, ob und dass sie gewonnen haben. Das macht die Preisverleihung, die jedes Jahr in der "Flora" in Köln stattfindet, für alle Nominierten zu einem besonders spannenden Ereignis. Insgesamt 28 Angebote waren nominiert.

Am Ende durften sich acht Angebote über eine Auszeichnung als beste deutschsprachige Online-Angebote des Jahres freuen: Die Jury hat insgesamt drei Preise in der Kategorie "Information", drei Preise in der Kategorie "Wissen und Bildung" sowie zwei Auszeichnungen in der Kategorie "Kultur und Unterhaltung" vergeben.

WDR-Projekt "Stolpersteine"

Ausgezeichnet in der Kategorie "Wissen und Bildung" wurde das WDR-Projekt "Stolpersteine NRW: Gegen das Vergessen": Die Augmented-Reality-App erzählt multimedial die Geschichten von Menschen, die vom nationalsozialistischen Terror-Regime verfolgt wurden. App und Website zeigen auf einer interaktiven Karte alle rund 16.000 Stolpersteine, die vom Künstler Gunter Demnig in NRW verlegt wurden.

Tausende biografische Texte, Illustrationen, Hörspiele und historische Fotos geben Einblicke in die Lebensgeschichten, die sich hinter den Steinen verbergen. Für den Einsatz im Schulunterricht gibt es passende Begleitmaterialien, die Lehrende kostenlos nutzen können.

Instagram-Kanal "Hand drauf"

Ebenfalls ausgezeichnet wurde "Hand drauf", ein Instagram-Kanal des WDR für "funk", das Online-Angebot von ARD und ZDF für junge Menschen in Social-Media-Diensten wie Youtube oder Instagram. Hier werden in gebärdensprachlichen Videos (die ohne Ton auskommen) Themen aus und für die Community behandelt – und im Ergebnis wird eine Brücke zwischen Hörenden und Nichthörenden gebaut.

In Deutschland leben etwa 83.000 gehörlose Menschen. Der Schwerpunkt bei "Hand drauf" liegt auf Themen, die Gehörlose betreffen, aber für alle interessant sind. Untertitel sorgen dafür, dass auch Hörende einbezogen werden – ganz inklusiv eben.

Angebote mit hohem Recherche-Aufwand

Ganz gezielt ausgezeichnet hat die Jury dieses Jahr aber auch Angebote mit hohem Recherche-Aufwand. Etwa "Teurer Wohnen" von detector.fm, ein Podcast, der eine Auszeichnung in der Kategorie "Information" erhalten hat. Die sieben Folgen dieses Podcast widmen sich dem überregional relevanten Thema "teurer Wohnraum". Mit sehr persönlichen Eindrücken und Erfahrungen – aber auch einem kritischen Blick auf eine fehlgeleitete Politik.

Recherche-intensiv ist auch das Story-Telling-Angebot "Das Ende vom ewigen Eis" vom Tagesanzeiger aus der Schweiz. Die Autoren machen in acht Kapiteln die Geschichte eines Gletschers in der Antarktis und die Arbeit der Forscher vor Ort erlebbar. Komplexe Sachverhalte werden anhand von Grafiken, Karten und Bildern erläutert. Dafür gab es einen "Grimme Online Award" in der Kategorie "Wissen und Bildung".

Afrikanische Geschichte auf TikTok

Über einen "Grimme Online Award" freuen durfte sich auch der Macher von "Dein Bruder Steve": Ein TikTok-Format, das sehr persönlich ist und von einer Privatperson ganz allein gemacht wird: Afrikanische Geschichte, Hintergründe und Empowerment, das Ganze mit einer Prise Humor.

"Kompakter kann die Vermittlung aktueller Themen und historischer Zusammenhänge mit Fokus auf den afrikanischen Kontinent nicht sein", meint die Jury. Stève Hiobi verleiht diesen oft vernachlässigten Themen mehr Sichtbarkeit, trotz des kanalspezifischen Kurzformats. Das Konzept verfängt: Der Macher bekommt auf TikTok jede Menge Zuspruch in Form von Followern und Views.

Wissenschaft kommt beim Publikum an

Den Publikumspreis hat das Youtube-Format "Doktor Whatson" erhalten: Auf dem vielseitigen und abwechslungsreichen Wissenschaftskanal präsentiert Cedric Engels jeden Sonntag Videos, die den 300.000 Abonnenten gut recherchierte Themen aus Physik, Umwelt, Philosophie, Nachhaltigkeit und Technologie verständlich erklären.

Alle Gewinner bekommen eine Trophäe aus Glas mit dem Logo des Preises. Ein Preisgeld gibt es nicht, der Grimme-Online-Preis ist undotiert. Aber dafür gibt es jede Menge Aufmerksamkeit – und die Gewissheit, zu den herausragenden Online-Angeboten des Jahres zu gehören.

Hinweis: Der Autor ist ehrenamtlicher Vorsitzender des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises e.V.

Über den Autor

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.