Festival-Sommer in NRW: Wird das Feiern zu teuer?

Stand: 25.05.2023, 19:57 Uhr

Die Festival-Saison in NRW steht bevor und nach den Corona-Jahren ist die Vorfreude aufs unbeschwerte Feiern groß. Doch die Branche steht vor neuen Herausforderungen: Vor allem die gestiegenen Kosten machen Veranstaltern wie auch Besuchern zu schaffen.

Von Timo Landenberger (Text) und Jörn Kießler (Grafiken)

Für Freunde von Metal und Rockmusik ist das Turock-Open-Air in Essen eine Institution. Unter freiem Himmel und bei ebenso freiem Eintritt feierten regelmäßig tausende Szene-Fans die Konzerte von regionalen und internationalen Künstlern. Finanziert wurde das Festival hauptsächlich über den Verkauf von Getränken, Essen und Merchandise. Wurde. Denn in diesem Sommer wird es das beliebte Event nicht mehr geben.

Peter Siewert, Veranstalter des Turock-Festivals im Interview

Peter Siewert gründete vor fast 15 Jahren das Turock-Festival

"Die Kosten sind einfach zu hoch geworden. Im Gegensatz zu den Erwartungen, nach Corona würde alles wieder normal werden, mussten wir bei der Kostenkalkulation feststellen, dass die Summe einfach nicht mehr stemmbar ist", sagt Veranstalter Peter Siewert. Unterm Strich hätten sich die finanziellen Aufwendungen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit von etwa 150.000 Euro auf rund 300.000 Euro verdoppelt. Eine Summe, die sich nicht mal eben durch höhere Getränkepreise ausgleichen lasse.

Vor allem kleinere Festivals betroffen

Vor allem kleinere Festivals stehen vor ähnlichen Problemen. "Die verfügen in der Regel über kein umfangreiches Sponsoring und leiden besonders unter dem gestiegenen Kostendruck", sagt Stephan Benn vom Kulturverband Liveinitiative NRW. Die Preisexplosion betreffe fast alle Bereiche und sei nicht immer durch die hohe Inflation, gestiegene Energie- oder Personalkosten zu erklären. "Warum beispielsweise das gleiche Absperrgitter, wie vor drei Jahren, heute das doppelte kostet, ist schwer nachvollziehbar", sagt Benn und spricht von "Mitnahmeeffekten".

Um überleben zu können, müssen die Festivalbetreiber zumindest einen Teil der gestiegenen Kosten auf die Ticketpreise umlegen. Eine Analyse des WDR-Datenteams unter Open-Air-Festivals in NRW mit mehr als 2.000 Besuchern zeigt: Im Durchschnitt sind die Ticketpreise im Vergleich zu 2019 - dem letzten Jahr vor der Corona-Krise - um 26,4 Prozent angestiegen. Der Wert ist deutlich höher als bei anderen Kulturveranstaltungen wie Konzerte, Theater oder Kinos. Das sorgt für Unmut unter einigen Besuchern, mit Folgen für den Ticket-Kauf.

"Die Menschen werden andauernd mit schlechten Nachrichten beschallt. Keiner weiß, was als nächstes passiert. Da sind viele vorsichtig geworden und halten ihr Geld zusammen", sagt Benn. Ausnahme: "Für ihre Idole und die großen Stars sind die Menschen weiterhin bereit, sehr viel auszugeben. Das wird dann vielleicht durch den Verzicht anderer Events wieder eingespart."

Festivalsaison: "Der Branche geht es nicht gut"

WDR 5 Morgenecho - Interview 25.05.2023 09:24 Min. Verfügbar bis 24.05.2024 WDR 5


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Hurricane: Nachfrage größer denn je

Der Eindruck lässt sich bestätigen: Das Hurricane-Festival zwischen Bremen und Hamburg gehört mit etwa 80.000 Besuchern zu den größten Festivals in Deutschland. Das Wochenendticket kostet 249 Euro und damit rund 20 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr. Trotzdem ist die Nachfrage größer denn je:

"Wir sind sehr zufrieden mit dem Ticketverkauf der aktuellen Saison, der vergangenen Sommer mit dem stärksten Vorverkaufsstart unserer Geschichte begonnen hat", sagt Stephan Thanscheidt, Chef der Unternehmensgruppe FKP Scorpio, die neben dem Hurricane- auch das Southside- , Deichbrandt und weitere große Festivals ausrichtet. "Wir steuern wieder auf ausverkaufte Festivals zu, was vor dem Hintergrund der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation nicht zu jeder Zeit erwartbar war."

Und kleinere Festivals haben das Nachsehen? Stephan Benn bleibt optimistisch. Immerhin sind trotz der angespannten Lage in NRW sogar neue Festivals hinzugekommen, darunter das Haleluja-Schlagerfestival in Münster oder das San-Hejmo-Festival in Weeze.

"In der Branche entsteht noch immer viel aus persönlicher Überzeugung, teils unterstützt durch staatliche Förderung, und weniger aus wirtschaftlichen Interessen. Und das ist großartig und muss so bleiben", sagt Benn. "Jetzt hoffen wir auf schönes Wetter und die Kurz-Entschlossenen. Dann wird das aller Widrigkeiten zum Trotz ein toller Festival-Sommer."

Über dieses Thema berichten wir auch bei WDR 5 und im WDR Fernsehen in der Aktuellen Stunde.

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