Leitlinien: Bildschirmzeit für Kinder

Aktuelle Stunde 22.09.2023 UT Verfügbar bis 22.09.2025 WDR Von Anne Bielefeld

Empfehlung zur Bildschirmzeit: Eigenes Smartphone frühestens ab 9 Jahren

Stand: 22.09.2023, 17:55 Uhr

Eine neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und der Uni Witten/Herdecke gibt Tipps für eine angemessene Bildschirmzeit bei Kindern. Vor allem gilt: Je weniger, desto besser.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hat zusammen mit der Uni Witten/Herdecke eine neue Leitlinie herausgegeben. In dieser werden Empfehlungen zur Bildschirmzeit von Kindern und Jugendlichen ausgesprochen. Ein Grundsatz sei hier: Je weniger Zeit vor dem Bildschirm, umso besser.

"Wenn wir jetzt nicht unser Bewusstsein ändern, (...) dann laufen wir Gefahr, dass eine ganze Generation an Kindern wirklich schwerwiegende Schäden nehmen kann" Silke Schwarz, Uni Witten/Herdecke

Denn laut Forschungsergebnissen kann übermäßiger Bildschirmkonsum bei Kindern nicht nur zu Kurzsichtigkeit führen und ADHS begünstigen. Er könne auch zu Schlafstörungen führen und in früher Kindheit auch das Erlernen von Sprache und Motorik stören, so Silke Schwarz von der Uni Witten/Herdecke, die an der Leitlinine mitgeschrieben hat.

  • Unter 3 Jahren: Bildschirmzeit sollte hier noch gar keine Rolle spielen. Die Kinder sollten noch nicht mit Bildschirmmedien in Berührung kommen, weder aktiv noch passiv. Konkret bedeutet das, dass auch die Eltern im Beisein der Kinder nicht so häufig auf ihr Smartphone schauen sollten.
  • 3 bis 6 Jahre: Die Kinder sollten höchstens 30 Minuten an einzelnen Tagen vor dem Bildschirm verbringen, damit sie langsam an diese Form von Medien herangeführt werden. Das Kind soll dabei allerdings nicht allein gelassen werden. Damit die Kinder begreifen, wie schnell die Zeit vor einem Bildschirm vergehen kann, raten die Expertinnen und Experten dazu, eine Stopp- oder Sanduhr einzusetzen.
  • 6 bis 9 Jahre: Hier empfehlen die Autorinnen und Autoren höchstens 30 bis 45 Minuten an einzelnen Tagen vor dem Bildschirm. Wichtig ist, dass dies außerhalb der Hausaufgaben passiert.
  • 9 bis 12 Jahre: Hier kann die Bildschirmzeit auf 45 bis 60 Minuten in der Freizeit gesteigert werden. Ab diesem Alter empfehlen die Expertinnen und Experten auch frühestens ein eigenes Smartphone. Der Internetzugang sollte allerdings noch eingeschränkt bleiben. Auch eine eigene Konsole sei frühestens für Kinder ab 9 Jahren angebracht. Diese sollte dann allerdings in einem abgeschlossenen Schrank aufbewahrt werden, damit die Kinder nicht dauerhaft Zugang haben.
  • 12 bis 16 Jahre: Die Autorinnen und Autoren empfehlen hier maximal ein bis zwei Stunden pro Tag, außerhalb der Hausaufgaben und nicht mehr nach 21:00 Uhr. Das blaue Licht, das von Bildschirmen ausgeht, störe besonders den Schlaf und außerdem können Medieninhalte aufwühlen.
  • 16 bis 18 Jahre: Ab 16 Jahren kann laut der Leitlinie der Internetzugang uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Die Bildschirmzeit solle durch Regeln festgelegt werden, als Orientierungswert geben die Expertinnen und Experten zwei Stunden pro Tag an.

Auf "qualitativ hochwertige Inhalte" achten

Generell empfehlen die Fachleute, bei den Mahlzeiten die Geräte komplett beiseite zu legen. Außerdem sollen die Eltern den Medienkonsum begleiten, auf "qualitativ hochwertige Inhalte" achten und hinterher mit ihren Kindern, besonders wenn sie noch kleiner sind, über das Gesehene sprechen.

"Es sollte, und das ist wirklich wichtig, nicht immer digital bleiben, sondern mit den Eltern in die reale Welt transponiert werden" Silke Schwarz, Uni Witten/Herdecke

Das sei besonders wichtig, damit die Kinder den realen Bezug wiederherstellen können und sich nicht in der digitalen Welt verlieren, so Silke Schwarz.

"Die sollen raus in die Natur bevor sie in die Glotze gucken"

Der WDR hat sich in Netphen auf der Straße unter Eltern und Bezugspersonen von Kindern umgehört. Die einhellige Meinung auch hier: Medienkonsum sollte dringend begrenzt werden. "Ich sehe das an meinen Neffen. Die sind nur mit uns draußen und das tut denen gut. Die sind selten krank und haben keine Allergien", wurde uns von einem Mann erzählt.

Eine Frau berichtet von der 16-jährigen Tochter: "Sie hat ein Handy, darf es eine Stunde am Tag benutzen. Außer um Bilder zu machen, da gibt es keine Beschränkung". Natürlich gibt es auch kritische Anmerkungen. Eine Frau gibt zu Bedenken, dass Eltern vermutlich mehr darin geschult werden müssten, wie sie Medieninhalte ihren Kindern besser vermitteln könnten. Der Druck von Klassenkameradinnen und Freunden spiele ebenfalls eine große Rolle.

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 22.09.2023 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.