Kommunen fordern Bezahlkarten für Geflüchtete

Aktuelle Stunde 20.02.2024 UT Verfügbar bis 20.02.2026 WDR Von Martina Koch

Bezahlkarte für Flüchtlinge: Darum klappt es (noch) nicht

Stand: 20.02.2024, 17:43 Uhr

Eigentlich sind alle dafür, die Bezahlkarte für Flüchtlinge einzuführen: der Bund, das Land NRW und auch die Kommunen. Aber die Umsetzung ist schwieriger als gedacht.

Von Ingo Neumayer/Ines Karschöldgen

Im November 2023 hatten sich die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) darauf verständigt, dass Asylbewerber in Deutschland mindestens einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf einer Bezahlkarte bekommen sollen. Doch die Umsetzung in den Ländern hakt. So hat sich am Montag der Stadtrat in Duisburg gegen die Einführung der Karte ausgesprochen, obwohl er prinzipiell dafür ist.

Warum soll es Bezahlkarten für Asylbewerber geben?

Laut Ansicht von Bund und Ländern sollen so Anreize für illegale Migration nach Deutschland gesenkt werden. Insbesondere soll verhindert werden, dass Schutzsuchende Geld aus staatlicher Unterstützung in Deutschland an Angehörige und Freunde im Herkunftsland überweisen. Das sei, so wird argumentiert, der Hauptanreiz einiger Flüchtlinge für die Einreise nach Deutschland.

Zudem soll so der Verwaltungsaufwand für die Kommunen gesenkt werden. Asylbewerber müssten nicht mehr persönlich vorstellig werden, um sich Bargeld abzuholen. Stattdessen wird die Bezahlkarte einmal im Monat automatisch aufgeladen.

Welche Kritik gibt es an der Bezahlkarte?

NRW plant keine Bezahlkarten für Flüchtlinge

Sind 204 Euro ein ausreichender Anreiz?

Das Argument, dass viele Flüchtlinge Teile des Bargelds, das sie bislang erhalten, in ihr Herkunftsland überweisen, wird von vielen Experten angezweifelt. Bislang gibt es noch keine wissenschaftliche Forschung zur Frage, ob Bezahlkarten Deutschland als Zielland weniger attraktiv machen würden.

Der Sozialforscher Herbert Brücker vom Berliner Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sieht hier Maßnahmen, "die oft auf Vorurteilen beruhen". Nur ein sehr kleiner Anteil der Geflüchteten überweise Geld in das Herkunftsland. Ein erwachsener Asylbewerber, der in einer staatlichen Unterkunft lebt, erhält derzeit 204 Euro im Monat für den persönlichen Bedarf.

Weshalb führen die NRW-Kommunen die Bezahlkarte nicht ein?

Die Staatskanzlei hatte Anfang Februar mitgeteilt, eine Übernahme der in den Kommunen entstehenden Kosten durch das Land NRW sei nicht geplant. Bei den Städten und Gemeinden rief diese Ankündigung scharfe Kritik hervor. Wenn Bund und Länder die Einführung einer Bezahlkarte beschließen, müssten diese auch vollständig die Kosten übernehmen, betonten der Städte- und Gemeindebund NRW sowie der Städtetag NRW.

Ministerpräsident Hendrik Wüst

Wüst: "haben noch Zeit bis zur Einführung"

Später signalisierte die Landesregierung eine mögliche finanzielle Unterstützung. Man gehe zwar davon aus, dass die Kosten durch Einsparungen an anderer Stelle ausgeglichen würden und die Bezahlkarte für die Kommunen "wahrscheinlich kostenneutral" sei, sagte ein Sprecher. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte aber auch: "Wenn es Unterstützung braucht für die Einführung, dann wird es daran nicht scheitern." Wie genau diese Unterstützung geregelt sein soll, steht bislang noch nicht fest. Wüst verwies darauf, dass man noch genügend Zeit habe bis zur geplanten Einführung im Sommer.

Neben der unsicheren Finanzierung kritisieren die Kommunen vor allem die fehlende Einheitlichkeit. Der Wunsch, der etwa in Duisburg geäußert wurde, wo sich der Stadtrat am Montag gegen die Einführung der Bezahlkarte ausgesprochen hat, ist klar: Die Kommunen wollen eine einheitliche Lösung, die für ganz NRW gilt. Derzeit ist es so, dass die Kommunen selbst entscheiden können, ob sie die Bezahlkarte einführen oder nicht. Eine einheitliche Lösung ist auch das Ziel der Landesregierung. "Unser Ziel als Regierung ist die flächendeckende Einführung", sagte Wüst.

Mit den kommunalen Spitzenverbänden in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe sei zunächst vereinbart worden, keinen "Anschlusszwang" einzuführen, "damit bestehende Systeme in einzelnen Kreisen nicht aufgegeben werden müssten", so ein Regierungssprecher am Dienstag gegenüber dem WDR.

Unser Quellen:

  • dpa
  • Landesregierung NRW
  • Stadt Duisburg