Auffällige Wetten in der Bundesliga

Stand: 24.02.2017, 06:00 Uhr

Eine wissenschaftliche Studie bringt drei Bundesliga-Schiedsrichter mit auffälligen Wettsetzungen in Verbindung. Ein Experte für Wettmanipulation glaubt nicht an einen Zufall. Der DFB sieht Verdacht auf Manipulation nicht belegt.

Von Benjamin Best und Michael Ostermann

Laut einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Bielefeld, der Universität Pennsylvania (USA) und der West Virginia Universität (USA) soll es in der Fußball-Bundesliga über einen Zeitraum von fünf Jahren zu systematisch auffälligen Torwetten gekommen sein. Betroffen seien demnach Spiele, die von drei Bundesliga-Schiedsrichtern geleitet worden sind. In der Studie ist die Rede von möglichem Wettbetrug und Korruption.

Über/Unter-Wetten im Fokus

Die Forscher haben Wetteinsätze der britischen Online-Wettbörse Betfair auf 1.251 Bundesligaspiele von der Saison 2010/2011 bis einschließlich der Saison 2014/2015 analysiert. Im Fokus stehen Wetten darauf, ob mehr oder weniger als 2,5 Tore in einem Spiel fallen. Dabei handelt es sich um sogenannte Über/Unter-Wetten, bei denen es nur darum geht, wie viele Tore insgesamt in einem Spiel fallen. Über 2,5 Tore bedeutet, dass drei oder mehr Tore in einem Spiel fallen. Unter 2,5 Tore bedeutet, dass null, ein oder zwei Tore im Spiel fallen. Welche Mannschaft die Tore schießt und welche Mannschaft am Ende gewinnt, spielt keine Rolle. Aus diesem Grund sind diese Art von Wetten in der Vergangenheit schon für Wettbetrug genutzt worden.

Die Datenanalyse identifiziert drei von insgesamt 26 Bundesliga-Schiedsrichtern, bei denen im untersuchten Zeitraum die Wettbeträge für die Über/Unter-Wetten im Spiel statistisch signifikant höher sind, als bei den übrigen Schiedsrichtern. Die Namen der Schiedsrichter sind in der Studie anonymisiert, in der es nicht um die Skandalisierung der einzelnen Schiedsrichter, sondern um mögliche strukturelle Schwachstellen geht.

"Zufall kann man nahezu ausschließen"

Ob tatsächlich manipuliert wurde, beweist die Studie nicht. "Der Rückschluss ist nicht möglich, dass man sagt, das ist definitiv Wettbetrug oder Wettbetrug würde hier vorliegen. Aber man beobachtet statistische Eigenschaften, die man auch erwarten würde, falls es Wettbetrug gäbe“‚ erklärt Prof. Dr. Christian Deutscher, Sportökonom der Universität Bielefeld und Mitautor der Studie.

Das WDR-Sporthintergrundmagazin "Sport inside“ legte die Studie Dr. Markus Knasmüller vor, der als Sachverständiger schon in mehreren Wettbetrugsprozessen in Österreich als Gutachter ausgesagt hat. Für ihn legen die Ergebnisse der Untersuchung einen Betrugsverdacht nahe. "Wir haben hier einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Höhe der Wetteinsätze und der Schiedsrichterbesetzung", sagt Knasmüller. "Wir haben hier 26 Schiedsrichter, deren Spiele über die Jahre hinweg analysiert worden sind und man müsste glauben, dass die Ausreißer bei den Wetteinsätzen bei allen Schiedsrichtern ungefähr gleich verteilt sind. Hier haben wir aber eine Konzentration auf drei Schiedsrichter und nur bei diesen dreien kommen die Ausreißer de facto vor." Zudem seien Über/Unter-Wetten wahrscheinlich die Wettart, "die man am einfachsten im Fußball manipulieren kann".

Andere Einflüsse berücksichtigt

Berücksichtigt haben die Wissenschaftler auch, dass andere Faktoren das Wettverhalten beeinflussen. So werden etwa auf Spitzenspiele oder Derbys mehr Wetten platziert als auf weniger prominente Spiele. "Es wäre gefährlich, einfach nur die Wetteinsätze untereinander zu vergleichen", erklärt Knasmüller. "Es gibt viele Gründe dafür, dass mehr gewettet wird. Die Wissenschaftler haben ein Modell aufgestellt, dass alle diese Parameter berücksichtigt.“

Auf Anfrage wies der DFB darauf hin, dass er gemeinsam mit der DFL bereits seit 2005 mit dem Wettüberwachungs-Spezialisten "Sportradar“ zusammenarbeite, seither sei von Sportradar "kein Spiel der Bundesliga oder 2. Bundesliga als manipulationsverdächtig eingestuft“ worden. Zudem machte der DFB darauf aufmerksam, dass Prof. Dr. Eike Emrich,  Mitglied der "unabhängigen Kommission Wissenschaft“ des DFB, "nach einer ersten Kenntnisnahme das Arbeitspapier so interpretiert, dass sich die Bundesliga als sehr resistent gegenüber Match Fixing erweist“.

In den vom DFB genannten Zeitraum der Überwachung durch Sportradar 2005 fallen auch die Wettbetrugsfälle, die durch die Bochumer Ermittlungsverfahren ans Licht kamen. Kriminalhauptkommissar Michael Bahrs, Ermittler in der auf Wettmanipulation spezialisierten SoKo "Flankengott", widerspricht dem Argument, dass keine manipulationsverdächtige Auffälligkeit gleichbedeutend mit nicht vorhandenen Betrugsfällen sei. "Wir ermitteln seit 2009 in diesem Bereich und da haben wir eine Vielzahl an Fußballspielen, die zumindest als verdächtig einzustufen waren", sagt Bahrs. "Also von daher trifft die Aussage so nicht zu."