Zwei Männer stehen an Holzfässern, jeder hat ein Glas in der Hand

Die Kornbrenner aus dem Münsterland

Stand: 29.09.2019, 14:30 Uhr

Schon als Kind träumte Rüdiger Sasse davon, Kornbrenner zu werden und aus Weizen Schnaps zu brennen. So wie in seiner Familie schon elf Generationen vor ihm. Doch dann kam der Korn aus der Mode – und wie viele alte Brennereien stand die Traditionsfirma Sasse 1985 vor dem Ruin.

Aufgeben kam für Rüdiger Sasse nicht in Frage. Schließlich hatte seine Familie schon im 18. Jahrhundert das Geschäft mit hochprozentigem Alkohol entdeckt. Hauptberuflich waren sie damals Bauern, Bierbrauer und Schankwirte.

Spielszene: Zwei Männer stehen in einem Stall, jeder hat ein Glas in der Hand

Tradition: Schon seit dem 18. Jahrhundert brennen die Sasses Korn.

Aber wenn das Bier mal schlecht wurde, brannten sie das vergorene Bier kurzerhand zu Schnaps. Geschäftstüchtig waren sie - und stiegen im 19. Jahrhundert zu einer der angesehensten und reichsten Familien in Schöppingen auf. 

Eine folgenreiche Fehlinvestition

Doch Ende des 20. Jahrhunderts waren die goldenen Zeiten vorbei: Ernst Sasse, Rüdigers Vater, hatte sich mit dem Bau einer neuen, größeren Produktionsanlage verspekuliert. Er musste seine Brennrechte verkaufen und die Alkoholproduktion einstellen - seine Familie blieb auf 1,2 Millionen DM Schulden sitzen. Ein Albtraum für das Familienunternehmen.

Blick aus der Ferne auf ein Fabrikgebäude im Grünen, das von Feldern umgeben ist

Fest verwurzelt: Das Getreide für den Korn kommt auch von den Feldern hinter der Brennerei.

"Wenn sie mit ihrem Vater bei der Hausbank sitzen und ihnen gesagt wird, dass sie jetzt die letzten Sicherheiten geben müssen, ist das ein beklemmendes Gefühl", erinnert sich Rüdiger Sasse.

Der Zufall als Retter

Er wollte sein Familienerbe zurückerobern. Auf die entscheidende Idee zur Firmenrettung stieß er durch einen Zufall: Bei einer Feier tauchte Ende der 1980er Jahre eine uralte Flasche "Sassekorn" auf. Theo Sasse, Rüdigers Großvater, hatte diesen Schnaps gebrannt.

Eichenfässer statt Metalltanks

Und der war milder, roch anders und schmeckte besser als all das, was in den 1980er Jahren als Korn auf dem Markt war. Rüdiger Sasse ging dem Geheimnis dieses Geschmacks auf den Grund. Er fand heraus, dass sein Großvater seinen Korn in alten Eichenfässern gelagert hatte. Das war der entscheidende Unterschied zur längst üblichen billig produzierten Massenware in Metalltanks.

Zwei kleine Flaschen in der Abfüllanlage

Am laufenden Band: 400 Liter reiner Alkohol werden pro Tag produziert.

Das wollte der Junior auch versuchen - und erntete Kopfschütteln in der Branche. Rüdiger Sasse ließ sich nicht beirren, experimentierte zehn Jahre lang, ließ den Korn in ehemaligen Cognacfässern langsam reifen. 1996 war es geschafft: Gemeinsam mit seinem Vater konnte er die Brennerei Sasse wieder eröffnen.

Ein Film von Clara Walther
Redaktion: Barbara Schmitz