Warnung vor Internetportal "Younow"

Ein Alptraum für den Jugendschutz

Stand: 18.02.2015, 14:00 Uhr

Über die Plattform Younow schicken oft junge Nutzer Filme und private Aufnahmen von sich live ins Netz. In der Hoffnung auf Aufmerksamkeit und Ruhm. Politik und Jugendschützer schlagen Alarm, auch das Familienministerium ist beunruhigt.

Unter Teenagern ist es der Renner, für Jugendschützer hingegen ein Alptraum: der Streaming-Dienst YouNow im Internet. Nutzer filmen sich und übertragen die Aufnahmen live ins Netz. Jeder kann zusehen und im Chat Kontakt aufnehmen. Viele Nutzer sind Jugendliche. Das alarmiert Beobachter: "Online-Striptease aus dem Kinderzimmer" oder "Tummelplatz für Pädophile" lauteten zuletzt die Schlagzeilen über das Portal.

"Kommunikationsplattformen wie Younow sind hoch problematisch", sagt ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums. Das Netzwerk verleite junge Nutzer, Einblicke in deren Privatsphäre zuzulassen - meistens seien sie eindeutig identifizierbar. Die Nutzer "erleichtern so Mobbing durch Gleichaltrige und sexuelle Belästigungen durch Erwachsene." Nutzer benötigen nur einen Rechner mit Internetzugang und eine Webcam. Auch per Smartphone mit Kamera und App funktioniert der Dienst. Wer selbst Videos senden will, muss sich anmelden - Zuschauen und Chatten funktioniert ohne Anmeldung. Zuschauer stellen Fragen, die Teenager antworten live im Video.

Betreiber von Younow reagierten auf Kritik

Wer die Fragen stelle, sei unklar: "Ist es ein 52-Jähriger oder ein süßer 16-jähriger Mitschüler?" In einer Nachricht an die deutschen Nutzer reagierten die Betreiber von Younow auf die Kritik. "Wir nehmen diese Angelegenheiten sehr ernst", steht in dem Anfang Februar veröffentlichten Blogeintrag. "Wir haben ein Moderationsteam, das 24 Stunden am Tag arbeitet, um User zu verbannen, die gegen unsere Bedingungen und Regeln verstoßen." Täglich werde das Team vergrößert.

Die Nutzung sei nur Jugendlichen ab 13 Jahren gestattet. Eine verletzende Sprache sei verboten. Mit einem Melde- und Blockiersystem sollen Verstöße geahndet werden. Younow "betreibt jedoch keine Vorsorge, um Kinder und Jugendliche wirkungsvoll vor Übergriffen und Gefährdungen zu schützen", moniert der Sprecher des Familienministeriums. "Altersangaben werden nicht verifiziert und das Angebot lässt sich nicht so einstellen, dass die Zugänglichkeit von Live-Streams beschränkt werden kann." Kurzum: "Für Kinder ist der Dienst nicht geeignet."

"Besonders die Einfachheit fasziniert Jugendliche"

In den USA gibt es die Plattform seit 2011. Seit Ende vergangenen Jahres sind auch die Nutzerzahlen hierzulande gestiegen. 16 Millionen Streams sendeten Younow-Nutzer aus Deutschland laut dem Magazin "Stern" im Januar 2015. "Besonders die Einfachheit fasziniert Jugendliche", sagt Otto Vollmers, Geschäftsführer des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM). Damit testen Jugendliche ihre Wirkung im Wettstreit mit anderen Nutzern aus, wie Fachleute sagen.

Der Berliner Medienexperte Thomas Feibel teilt die Bedenken zu Younow zwar, hält aber nichts von Panikmache. "Immer schneller kommen durch Internet und Smartphones neue Erziehungsherausforderungen auf die Eltern zu", sagt Feibel, der mehrere Ratgeber zum Thema Kinder und Computer geschrieben hat. Nicht Verbote, sondern Aufklärung der Kinder seien sinnvoll. "Nur wer seinen Kindern feste Regeln vermittelt, muss vor der nächsten Herausforderung keine Angst haben."