Verschärft der Maisanbau das Hochwasserrisiko?
Stand: 07.06.2016, 21:09 Uhr
Überraschende Hochwasser-Punkte und ungekannte Wassermassen: Betroffene Orte haben offenbar eins gemeinsam. Im Umfeld wird viel Mais angebaut. Landwirte schimpfen über Berichte darüber. Doch Experten bestätigen den Zusammenhang zwischen Maisanbau und Hochwasserrisiko.
Es sind Orte wie Kallmuth in der Eifel oder Simbach in Bayern: Sie wurden vom Hochwasser besonders hart getroffen. Und: In der Umgebung beider Orte haben die Anbauflächen für Mais zugenommen. Das jedenfalls haben Feuerwehrleute in den Orten beobachtet und stellen einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Anbau von Mais und dem Hochwasser her. Umweltexperten, wie Josef Tumbrinck vom Nabu bestätigen diesen Zusammenhang. Doch gerade von Seiten der Landwirte wird den Naturschützern vorgeworfen parteiisch zu sein. Nach dem Fernsehbericht in WDR aktuell am Montagabend (06.09.2016) hagelt es Kritik in den sozialen Netzwerken. Immer wieder schreiben User dort, die Landwirte stünden zu Unrecht am Pranger. Einer von ihnen ist Marcus Holtkötter, selbst Landwirt in Altenberge im Münsterland.
Maisfelder brauchen spezielle Behandlung
Markus Holtkötter baut selbst Mais an. Er sagt, dass der Boden auf seinen Maisäckern nicht stärker versiegelt sei als der bei Flächen mit Getreide. Zudem gebe es Methoden, den Boden so zu behandeln, dass sich über Jahre eine Humusschicht bilden würde, in der Regenwürmer den Boden lockern könnten und so dafür sorgen, dass der Boden das Wasser aufnehmen könnte. "Es ist Quatsch zu sagen, der Boden nimmt das Wasser nicht auf, weil da Mais steht." Zur Bestätigung macht er den Test: Ein Metallstab lässt sich zwischen den Maishalmen leicht in den Boden drücken, beim Gerstenfeld nebenan muss er viel kräftiger drücken.
Boden zwischen dem Mais verkrustet oft
Doch Agrar- und Bodenexperten widersprechen. "Für das Wetter ist der Mais natürlich nicht verantwortlich", sagt Gerhard Milbert vom Geologischen Dienst des Landes. "Der Boden auf dem Maisfeldern kann das Wasser schlechter aufnehmen, weil er verkrustet ist." Ursache: Der Mais ist größer als andere Pflanzen und deshalb ist der Abstand zwischen den einzelnen Halmen auch größer. In dem Zwischenraum ist nichts als der nackte Boden, sagt Milbert. Und das sei ein Problem, denn wenn der Regen auf den Boden fällt, versiegelt er zunächst den Boden. Bei weiteren Regenfällen kann der Boden, dessen Poren nun verschlossen sind, das Wasser nicht mehr aufnehmen. Die Folge: Das Regenwasser läuft an der Oberfläche ab.
Der Mais und die Pflanzen-Konkurrenz
Der Maisanbau muss aber nicht zwangsläufig das Hochwasserrisiko verstärken. Es kommt darauf an, wie er angebaut wird. Am Hang etwa sollte er quer zur Abflussrichtung angebaut werden. Den Boden zwischen den Maisreihen zu lockern kann helfen, ebenso die sogenannte Zwischengrünung. Also, dass die Lücken zwischen den Maishalmen mit anderen Pflanzen begrünt werden. Doch, so die Beobachtung der Experten, Landwirte scheuen vor allem das Zwischengrünen. "Es ist eine Konkurrenz für den Mais, der sehr viel Wasser und Nährstoffe braucht."
Ungeeignete Anbauflächen
Roland Kubiak, Leiter des Instiuts für Agrarökologie in Neustadt hat ein weiteres Problem ausgemacht. Wegen seiner geringen Ansprüche an den Boden werde er auch an Standorten angebaut, die für andere Kulturpflanzen ungeeignet seien. Der mit Steuergeldern subventionierte Hype auf Mais als Energiepflanze habe dazu geführt, dass er auch auf Flächen angebaut werde, die dafür nicht geeignet seien. "Wenn nämlich keine erosionsmindernden Maßnahmen durchgeführt werden, kann der schnelle oberflächliche Abfluss von Wasser und darin vorhandenen Bodenpartikeln natürlich Hochwasser begünstigen." Sofern der Mais an den richtigen Stellen angebaut werde, müsse er nicht zwangsläufig zu Hochwasser beitragen.