So was's 1953

Die Kaffeesteuer

Stand: 28.09.2020, 15:13 Uhr

Kaffee bekommt man heute für ein paar Euro beim Discounter und so trinken wir ihn literweise. Doch es ist erst wenige Jahrzehnte her, dass die braunen Bohnen ein teures Luxusgut waren. Grund dafür war auch die Kaffeesteuer. Bis heute spült sie jährlich einen Milliardenbetrag in die Staatskasse, auch wenn sie längst nicht mehr so hoch wie einst ist.

Wie teuer und unerschwinglich Kaffee vor 60 Jahren war, macht ein Vergleich deutlich: Mindestens 10,30 Mark kostete das Pfund, während der Stundenlohn eines Arbeiters bei einer Mark lag. Damit gehörte Deutschland zu den Ländern, in denen der Kaffee besonders teuer war. Hauptsächlich wegen der Steuer, die damals bei zehn Mark pro Kilogramm lag. Bei den Nachbarn im Westen sah das ganz anders aus: Umgerechnet drei bis vier Mark zahlen die Niederländer und Belgier für das Pfund. Das blieb nicht ohne Folgen.

Wilde Zeiten für Schmuggler und Zöllner

An den Grenzen zu den Niederlanden und zu Belgien blühte in den ersten Nachkriegsjahren der Kaffeeschmuggel. Zentnerweise kamen die braunen Bohnen auf diesem Weg in die junge Bundesrepublik. Für Schmuggler und Zöllner eine wilde Zeit, an die sich auch Antonio Moll noch gut erinnert. Auch der damals zehnjährige Junge schmuggelte fleißig mit. "Man hat das mehr oder weniger als Räuber und Gendarm Spiel aufgefasst, auch wenn es im Grunde ums Überleben ging." Den Kaffee brachte er damals von seiner Oma in Holland mit nach Hause und besserte so die Haushaltskasse auf.

Ein Dorf landet im Klingelpütz

Um Schmuggel im ganz großen Stil ging es bei Erich Roder aus dem Eifeldorf Mützenich. Ein großer Teil der Dorfbevölkerung war damals in den illegalen Import des Kaffees verstrickt. Und das hatte Folgen. Bei einer Razzia verhaftete der Zoll 53 Männer und damit auch einen großen Teil der heimischen Fußballmannschaft, dem TuS Mützenich. Die saßen für längere Zeit im Kölner Gefängnis ein. Aus dem Klingelpütz wurde im Volksmund vorübergehend der Eifeler Hof. "Weil sieben oder acht Männer aus der Mannschaft nicht mehr spielen konnten, stieg der TuS schließlich ab", erinnert sich Erich Roder.

Wahlgeschenk der CDU?

Zwar nimmt der Staat viel Geld mit der horrenden Kaffeesteuer ein, doch die auch die Jagd nach den Schmugglern kostet viel. Auf 25 Kilometern Grenze arbeiten immerhin 140 Zöllner. "Die mussten alle besoldet werden", sagt der ehemalige Zollinspektor Josef Schneider. Trotz der vielen Beamten kommen noch 1952 mehr als 10.000 Tonnen Kaffee unversteuert nach Deutschland. Vielleicht auch, weil die CDU ein Geschenk für die anstehenden Bundestagswahlen braucht, beschließt sie, die Steuer deutlich zu senken - auf vier Mark pro Kilo. Der Schmuggel lohnte nicht mehr, und die Deutschen konnten endlich so viel Kaffee trinken, wie sie wollten. Den Einnahmen hat die Steuersenkung übrigens keinen Abbruch getan. Die Einnahmen stiegen deutlich an und liegen heute bei mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr.