"In der Türkei besteht die Gefahr einer Diktatur"

Stand: 27.06.2016, 18:00 Uhr

Can Dündar ist zum Symbol für die gefährdete Pressefreiheit in der Türkei geworden. Als Chef einer regierungskritischen Zeitung wurde er festgenommen, der Spionage angeklagt und zu fünf Jahren Haft verurteilt. Asli Sevindim hat ihn getroffen. 5 Minuten mit Can Dündar...

Das Interview von Aktuelle-Stunde-Moderatorin Asli Sevindim mit Can Dündar mit deutscher Übersetzung:

Das Interview im türkischen Originalton:

Kaum jemand ist in den vergangenen Monaten so sehr zum Symbol für die mangelhafte Pressefreiheit in der Türkei geworden, wie der Journalist Can Dündar. Der Chefredakteur der links-intellektuellen Zeitung Cumhuriyet hatte über angebliche Waffenlieferungen der Türkei an Extremisten in Syrien berichtet. Can Dündar wurde deshalb zu mehr als fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Zurzeit läuft seine Berufung. Trotzdem will er seine Arbeit möglichst unbeirrt fortsetzen: "Wir führen einen Freiheitskampf im Namen eines Landes im Namen eines Volkes. Wer sich im Kampf befindet, spürt keine Angst." Asli Sevindim hat ihn am Rande des Literatürk-Festivals in Essen getroffen

"Wer im Gefängnis sitzt, kann ein Problem sein"

Das Kuriose: Can Dündar konnte die Türkei, seine Heimat trotz des Urteils verlassen. Sein Pass wurde ihm ausgehändigt. Aber er möchte nicht weg aus der Türkei, so leicht werde man ihn nicht los, sagt der Journalist. "Auch wer im Gefängnis sitzt, kann ein Problem für die Regierung sein." Das möchte Dündar weiter sein, denn Präsident Erdogan sei Widerspruch nicht gewöhnt, möchte die Demokratie abschaffen: "Ich denke, dass er die Türkei ganz schnell zu einem Einparteiensystem treiben will. In der Türkei besteht die Gefahr einer Diktatur."

"Wir müssen unsere Freiheiten und Rechte schützen"

Die Europäische Union trage daran eine Mitschuld: "Wenn sie mit einer solch undemokratischen Regierung so viele Verhandlungen führen, damit sie die Flüchtlinge im eigenen Land behält, dann tragen sie mit dazu bei, dass dort ein Diktator geschaffen wird." Gegen diese Entwicklung kämpft nicht nur Can Dündar: Er fordert die Solidarität der Freunde im Westen und eine Unterstützung der Erdogan-Gegner: "Wir müssen die Gesellschaft umarmen, alle zusammen bringen und ihnen die Ruhe geben, die sie so sehr brauchen. Wir müssen unsere Freiheiten und Rechte schützen."