Martin von Mauschwitz

Live in den Sozialen Netzwerken: "Eine Einordnung ist wichtig"

Ein Smartphone und eine Internetverbindung: Mehr braucht Martin von Mauschwitz nicht, wenn er bei Demos und anderen Großereignissen als Reporter unterwegs ist. Erst einmal. Denn jede Live-Situation ist eine neue Herausforderung.

Aktuelle Stunde: Was beeindruckt Dich am meisten bei der Arbeit als Mobile Reporter?

Martin von Mauschwitz: Du bist absolut mobil und flexibel, kannst einfach mitlaufen - ohne Beschränkung. Wann endet das Kabel der Kamera? Wo steht der Ü-Wagen? Das alles ist vollkommen egal. Du hörst und siehst etwas, schnappst Dein Handy und gehst da hin. Es ist aber auch eine andere Rolle, verglichen mit der des Fernsehreporters. Da erwartet der Zuschauer, dass er alles recherchiert hat und für ihn zusammenfasst. In der Live-Reportage bin ich sehr subjektiv - und muss das auch thematisieren: Es ist ein kleiner Ausschnitt, den ich zeigen kann. Aber ich kann eben auch sagen: "Leute, ich nehm euch jetzt mit!".

Aktuelle Stunde: Und das eben auch an Orte, wo nicht jeder hin darf. Stichwort Polizeisperre bei der Hogesa-Demo ...

Martin von Mauschwitz: Genau, Gegendemonstranten und Rechte waren streng voneinander abgeschirmt. Da kann man mit einem ganzen Fernsehteam im Schlepptau nicht siebenmal hin- und herlaufen. Aber ich als Einzelner schon. Und ich konnte dann zum Beispiel hautnah von der Hooligan-Demo berichten. Das hat sich unter den Gegendemonstranten schnell rumgesprochen - und plötzlich hatte ich über hundert neue Twitter-Follower, die meine Berichterstattung "von der anderen Seite" verfolgt haben. Die haben mich auch drauf angesprochen: "Du warst ja gerade drüben, wir haben das gesehen. Was passiert denn da jetzt? Wie viele sind da?"

Aktuelle Stunde: Die Nähe und das Unvorhersehbare: Wie empfindest Du das in diesen Situationen?

Martin von Mauschwitz: Nähe macht Reportern Spaß. Da, wo Kameras aufgebaut werden, verflüchtigt sich ein Teil der Realität. Menschen verstellen sich. Wird ein Handy hochgehalten, passiert so etwas seltener. Nähe heißt natürlich auch: Aufpassen! Bei der Hooligan-Demo knallte plötzlich neben mir ein Böller, bei Pegida haben sie mir das Stativ, auf dem das Handy montiert war, weggetreten.

Aktuelle Stunde: Was hast Du allgemein als besondere Herausforderung erlebt?

Martin von Mauschwitz: Ich habe direkt beim ersten Mal gemerkt, dass ich viel gleichzeitig leisten muss. Ich bin Reporter und Kameramann. Aber noch viel mehr bin ich mein eigener Regisseur, Redakteur und Tonmann auf einmal. Gerade der Ton ist eine wichtige Sache. Ich muss mit dem kleinen Mikro so agieren, dass die Menschen draußen mich möglichst gut verstehen. Wenn es um Regie und Redaktion geht: Du stehst da ohne direkte Rückmeldung. War ich zu lang, zu kurz, war die Wortwahl okay? Das muss ich in der Situation selbst einschätzen.

Aktuelle Stunde: Fällt Dir ein Beispiel dafür ein?

Martin von Mauschwitz: Ja, die Hogesa-Demo vergangenen Oktober in Köln. Schließlich habe ich einem Hassredner zugehört und das Gesagte kommentiert. Bei so etwas kann ich nicht ungefiltert draufhalten. Die Einordnung ist wichtig, auch für die Glaubwürdigkeit. Auch im Netz bin ich für die Leute ja immer noch der Mauschwitz von der "Aktuellen Stunde". Und sie erwarten eine vernünftige, angemessene Reportage von mir. Als Ein-Mann-Team musst du da gleichzeitig Augen und Ohren offen halten, die richtigen Worte finden - und mit der Handy-Kamera ein ordentliches Bild machen. Das ist spannend, aber auch sehr anstrengend. Deshalb bin ich auch mit zwei Handys unterwegs. Mit einem filme ich, über das andere läuft die restliche Kommunikation: die Nachrichtenlage checken, die Verbindung zur Redaktion. So kann ich dann weitere Informationen einbauen, auf Nachfragen reagieren.