Falschmeldungen bei Facebook

Wie aus Gerüchten Polizeieinsätze werden

Stand: 22.01.2016, 16:07 Uhr

Das Internet, vor allem die sozialen Netzwerke machen es einfach, Falschmeldungen oder sogar gezielte Hetze zu verbreiten. Das führt nicht nur zur Verunsicherung der User sondern immer wieder auch zu unnötigen Polizeieinsätzen.

Falschmeldungen, Verleumdungen, Hetze. All das lässt sich in Windeseile über das Internet verbreiten, einfach so, ungeprüft. So wie im November 2015 die Meldung von fünf acht- bis zehnjährigen Mädchen, die in Kleve von Flüchtlingen entführt und missbraucht worden sein sollten. Nach einem Post auf Facebook verbreitete sich die Meldung wie ein Lauffeuer. Als Quelle nannte der Verfasser einen angeblichen Whistleblower aus dem Krankenhaus, in dem die Kinder behandelt worden sein sollten.

Hier noch mehr aktuelle Beispiele:

1. Lippstadt: Dort verbreitete sich rasant die Nachricht bei WhatsApp, es hätte mehrere Vergewaltigungen gegeben. Der bislang unbekannte Absender brachte dies zudem in Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation. Das stimmt aber alles nicht, sagt die Polizei im Kreis Soest. Zu dem Verbreiter der Nachricht schreibt sie: "Weiter unterstellt er, die Medien würden die Situation verheimlichen und ruft zu einer Demonstration auf." Es sei bislang aber keine Demo angemeldet worden.

2. Mönchengladbach: Gegen eine 15-Jährige läuft inzwischen ein Verfahren wegen Vortäuschung einer Straftat, nachdem sie eingeräumt hatte, die Ermittler über eine angebliche Vergewaltigung durch einen 20 Jahre alten Mann belogen zu haben. Die Polizei hatte zuerst ein Fahndungsfoto des Mannes veröffentlicht, das in den sozialen Netzwerken vielfach geteilt wurde. Mitunter gab es laut Polizei-Pressemeldung Hass-Kommentare: "Sogar die ein oder andere selbst ernannte 'Bürgerwehr' trat aufgrund dieses Vorfalls auf den Plan." Für das Foto gilt nun: "Die Veröffentlichung ist nach Identifizierung des Gesuchten nicht erlaubt und kann rechtliche und finanzielle Folgen haben." Das gelte umso mehr, wenn die Tat so gar nicht stattgefunden habe.

3. Traunstein: Auf der Facebookseite eines jungen Mannes aus dem bayerischen Landkreis Traunstein erschien folgender Eintrag: "-TEILEN-TEILEN-TEILEN- Am 11.01.2016 wurde in einer Traunsteiner Unterführung ein Mädchen vergewaltigt!!! Und zwar von Asylanten/Flüchtlingen!!!" Nach weiteren Ausführungen zur angeblichen Tat stand dort noch: "Diese Information stammt aus einer sicheren Quelle!!!!" Medien hinterfragten im Polizeipräsidium Oberbayern Süd den angeblichen Vorfall. Da es in Traunstein seit Jahresbeginn zu keinerlei Anzeigen wegen Sexualdelikten gekommen war, recherchierten nun die Beamten. Das Ergebnis: Die ursprüngliche Information (ein tatsächlich angezeigtes Sexualdelikt in Traunreut in der Silvesternacht) war wie bei der "Stillen Post" weitergegeben und dabei immer weiter verfälscht worden.

4. Oberhausen: In einem Aufruf auf einer Facebook-Seite wurde behauptet, dass in den vergangenen Tagen Asylanten in einem Schmachtendorfer Park ein zwölfjähriges Mädchen unsittlich berührt und krankenhausreif geschlagen hätten. "Mit dieser Begründung fragte der dubiose Martin M. dann, wer Lust habe da mal spazieren zu gehen", beschreibt die Oberhausener Polizei weiter den Post und fügt hinzu: "Dieser angebliche Sachverhalt ist NICHT bei der Polizei gemeldet worden und hat nach unserer Kenntnis nie stattgefunden." Allerdings hätten nun mehrere Streifenwagen dafür blockiert werden müssen, um sicher zu gehen, dass keine selbsternannte "Bürgerwehr" im Park Selbstjustiz übt.

Hetze in seriöser Verkleidung

Nach Einschätzung der Polizei posten manche Menschen solche Gerüchte nur, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Andere wollen gegen Flüchtlinge hetzen. Die Polizei geht aber jedem Hinweis nach. Fast alle waren unbegründet. Allerdings erzeugen sie ein Gefühl von Angst und sorgen für heftige Diskussionen. Die Polizei weist darauf hin: Wer Falschmeldungen bei Facebook oder WhatsApp verbreitet, kann sich damit strafbar machen.

Ermittlungen gegen Facebook?

Den Medienrechtsanwalt Christian Solmecke wundert es, dass noch kein Staatsanwalt auf die Idee gekommen sei, gegen Facebook zu ermitteln. "Denn tatsächlich ist es so, dass im Moment tausende 'Nazi-Kommentare' an Facebook gemeldet werden", das Unternehmen reagiere aber immer mit dem Hinweis, dass die Kommentare nicht gegen die "Gemeinschaftsstandards" des Unternehmens verstießen. "Das ist natürlich ein Witz! Das Ganze verstößt gegen deutsche Gesetze."Auch gegen anonyme Hetzer könne man vorgehen, so könne ein Richter beispielsweise einen Auskunftsbeschluss erlassen. "Danach muss Facebook mitteilen, unter welcher IP-Adresse das Posting veröffentlicht worden ist." Mit der IP-Adresse sei es möglich, jeden Nutzer in Deutschland zurückzuverfolgen.

In manchen Fällen ist es bereits hilfreich, zu prüfen, wer oder was eigentlich die Quelle der Information ist. Unter "Zuerst denken - dann klicken!" ist die Internetseite "Mimikama.at" auch bei Facebook zu finden. Dort prüfen Mitglieder eines Vereins auffällige Meldungen auf ihre Echtheit. In der Selbstbeschreibung heißt es: "Mimikama ist eine internationale Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Internetmissbrauch und zentrale Anlaufstelle für Internetuser, die verdächtige Internetinhalte melden möchten."