Amokläufe - immer mehr, immer schlimmer?

Stand: 23.07.2016, 17:52 Uhr

Seit dem Massaker an der Columbine-Highschool 1999 mündet der Hass eines jungen Menschen auf Schule und Gesellschaft immer öfter in einen Amoklauf. Die Geschehnisse von München am Freitag (22.07.2016) reihen sich in eine erschreckende Chronologie ein.

Von Matthias Goergens

In der Wohnung des Täters ist Material gefunden worden, dass Verbindungen zum Amoklauf von Winnenden 2009 und zu den Massenmorden von Utøya vor genau fünf Jahren aufzeige, teilte die Polizei mit. Auch gebe es Hinweise, dass der 18-Jährige gemobbt worden sei. Die Einschätzung der Polizei teilt Kriminologe Christian Pfeiffer in der Sendung WDR extra: "Parallelen zu Winnenden drängen sich auf. Psychische Probleme münden in einer Gewalt-Orgie." In München habe wieder ein junger Mann aus Hass auf Schule und Gesellschaft Menschen getötet.

Beispiele für ähnliche Amokläufe seit 1999

Dezember 2012: Ein junger Mann schießt in einer Grundschule in Newtown um sich und tötet 20 kleine Kinder und sechs Erwachsene. Nach der Tat nimmt sich der 20-jährige Todesschütze das Leben. Der Täter wird nach den Ermittlungen als Waffenfanatiker mit einer Faszination für Massenmorde wie bei vorherigen Amokläufen beschrieben.

Juli 2012: In einem Kino in Aurora im US-Bundesstaat Colorado eröffnet ein Mann während der Premiere des neuen "Batman"-Films das Feuer. Zwölf Menschen werden getötet und 70 verletzt. Der Amokläufer wird festgenommen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach Angaben seiner Universität stand er im Doktorandenprogramm kurz vor dem Abbruch.

Gedenken an die Opfer des Massenmörders Anders Behring Breivik (in Utvika gegenüber der Insel Utoya)

Gedenken an die Opfer in Utvika gegenüber der Insel Utøya

Juli 2011: Der rechtsradikale Norweger Anders Behring Breivik tötet bei einem Bombenanschlag in Oslo und einem Massaker auf der Insel Utøya insgesamt 77 Menschen. Die meisten Opfer sind Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren, die auf Utøya an einem Sommerlager der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei teilnehmen. Breivik wird 2012 zur Höchststrafe von 21 Jahren Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt.

Abkreidungen an einem Tatort in Winnenden, Blumen und Kerzen; Rechte: dpa

Abkreidungen an einem Tatort nach dem Amoklauf in Winnenden

März 2009: Ein 17-Jähriger erschießt in Winnenden und Wendlingen in Baden-Württemberg 15 Menschen. Der Amoklauf beginnt in der Albertville-Realschule, wo er zwölf Leichen hinterlässt. Auf der Flucht erschießt er einen Mann und zwingt einen weiteren zu einer Autofahrt in das 40 Kilometer entfernte Wendlingen. Dort erschießt er in einem Autohaus einen Kunden sowie einen Verkäufer. Als die Polizei ihn stellt, tötet er sich selbst.

April 2007: Ein offenbar geistesgestörter Amokläufer erschießt in der Technischen Universität in Blacksburg im US-Bundesstaat Virginia 32 Studenten und Lehrkräfte. Beim Eintreffen der Polizei nimmt sich der 23-jährige Englisch-Student aus Südkorea das Leben. In einem an einen Fernsehsender geschickten "Manifest" erklärte er unter anderem seinen Hass auf Reiche.

April 2002: Ein 19-jähriger Amokläufer erschießt 16 Menschen am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt. Zu den Opfern zählen zwölf Lehrer, zwei Schüler, die Schulsekretärin und ein Polizist. Nach der Tat tötet sich der Schütze selbst. Erst mit einigem Abstand zu dem Drama im Gutenberg-Gymnasium zeigt sich, dass der Täter nicht von heute auf morgen zum eiskalten Killer wurde. Es gab deutliche Anzeichen für sein langsames Abdriften aus der heilen Familienwelt.

April 1999: An der Columbine-Schule in Littleton im US-Bundesstaat Colorado erschießen zwei schwarz gekleidete und vermummte Jugendliche zwölf Mitschüler und einen Lehrer. Unter den Opfern sind vor allem Schwarze, Sportler, Hispanics und Behinderte. Danach begehen die Täter Suizid. "Columbine wurde zum Vorbild für die meisten Schulattentate der folgenden Jahre", sagt Autor Joachim Gaertner, der über diesen Amoklauf einen dokumentarischen Roman geschrieben hat.