Raketen kreuzen Flugrouten

Was Reisende jetzt wissen müssen

Stand: 12.10.2015, 12:04 Uhr

Das russische Militär hat vor wenigen Tagen erstmals vom Kaspischen Meer aus Raketen nach Syrien gefeuert. Sind nun Flieger, die den Luftraum dort sowie den Iran und den Irak überqueren, gefährdet? Was Flugreisende jetzt wissen sollten.

Die Europäische Agentur für Luftfahrtsicherheit (EASA) in Köln hat am vergangenen Freitag (09.10.2015) in einem Sicherheits-Bulletin Fluggesellschaften und nationale Flugbehörden über russische Marschflugkörper informiert, die von russischen Kriegsschiffen im Kaspischen Meer auf Ziele in dem Bürgerkriegsland gefeuert werden.

Was bedeutet die EASA-Sicherheitsinformation?

"Das Bulletin soll das Bewusstsein für die Situation im Kaspischen Meer schärfen - mehr nicht", sagte EASA-Sprecher Elias Maragakis am Montag (12.10.2015) dem WDR. Solche Sicherheits-Berichte seien der formale Weg, sicherheitsrelevante Informationen aller Art zu übermitteln. Das kann sich auch auf technische Aspekte beziehen oder auf ganz praktische Themen wie zum Beispiel den Gebrauch von Enteisungsmitteln oder die Ankündigung eines Sonnensturms.

In dem Paper ist zu lesen, dass die Raketen über das Kaspische Meer, den Iran und Irak fliegen. Und dass sie unter der Höhe fliegen, die von der kommerziellen Luftfahrt genutzt wird. Spezielle Empfehlungen gibt die EASA in dem Papier nicht ab.

Wie reagieren Fluggesellschaften auf das Bulletin?

Nach Zeitungsberichten soll Air France spezielle Vorkehrungen für den Überflug des Irans und des Kapsischen Meers getroffen haben. Details wollte die Fluggesellschaft nicht nennen. Die deutschen Fluggesellschaften reagieren gelassener. Sie beobachten nach eigenen Angaben die Situation genau und stehen mit den zuständigen Behörden in Kontakt. "Nach aktuellen Erkenntnissen gibt es keine Gefahr", erklärte ein Sprecher der Lufthansa. Dort wie auch bei Air Berlin sieht man keine Veranlassung, Flugrouten zu ändern. Die Fluggesellschaft überfliegt auf dem Weg nach Abu Dhabi den Iran, ist dort aber nach Angaben einer Sprecherin mit "genügend Flughöhe" unterwegs. Alle vom WDR befragten Airlines betonen zugleich, dass Sicherheit "oberste Priorität" habe.

Was sagt der Experte?

Für die zivile Luftfahrt bestehe keine Gefahr, meint der Luftfahrt-Experte Heinrich Großbongardt. Der Grund: Marschflugkörper seien in einer Höhe von 50 bis 300 Metern unterwegs, im Reiseflug erreichten sie bestenfalls 2.000 Meter. "Verkehrsflugzeuge im Streckenflug dagegen fliegen zehn bis zwölf Kilometern hoch." Marschflugkörper stellten nur dann eine Gefahr dar, wenn sie landenden Flugzeugen in die Quere kämen. Großbongardt sagt: "Nach den Karten, die ich gesehen habe, ist dies derzeit nicht der Fall."

Wie würden sich Flugrouten-Änderungen beim Passagier bemerkbar machen?

Würde die Flugroute geändert, bekommt der Passagier das in der Regel auf Langstreckenflügen kaum mit. Statt beispielsweise über das Kaspische Meer, den Iran und den Irak zu fliegen, kann die Strecke zu Zielen wie Abu Dhabi oder Dubai auch über Ägypten oder Saudi Arabien führen. Es komme dann bestenfalls zu leichten Abweichungen bei den Flugzeiten, sagen die Airlines.

Sind Flugrouten-Änderungen außergewöhnlich?

Nein, sie kommen immer wieder vor, aus unterschiedlichen Gründen: Nach dem Absturz eines Flugzeugs der Malaysia Airlines im Juli 2014 wurde der Luftraum über der Ukraine vorübergehend gesperrt. Die Angst vor einem Raketen-Beschuss von Passagiermaschinen wurde damals real. Die Flieger mussten eine andere Route nehmen. Aber auch bedingt durch ein besonderes Verkehrsaufkommen in einem Luftraum kann eine Airline gezwungen sein, eine Route zu ändern. „Alternativ planen zu müssen, kommt immer wieder vor und gehört für uns fast zum Tagesgeschäft“, so der Sprecher der Lufthansa. Aufgrund eigener Einschätzungen würden derzeit von der Lufthansa Syrien, der Irak, Südsudan, die Ostukraine, die Krim und Libyen nicht überflogen.