Kunstaktion für tote Flüchtlinge

Provozieren mit symbolischen Gräbern

Stand: 22.06.2015, 17:02 Uhr

Eine Künstler-Gruppe macht mit inszenierten Beisetzungen auf die ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer aufmerksam. In Berlin versammelten sich dazu 5.000 Aktivisten vor dem Reichstag. Die symbolischen Gräber gibt es auch bei uns in NRW.

Angehäufte Erde, Blumenschmuck, Kerzen: Jedes Grab ein Vorwurf, mitten in der NRW-Landeshauptstadt. "Lampedusa" oder auch "Shame on EU" steht auf den Kreuzen, die in der Nacht auf Sonntag (21.06.2015) an gut sichtbaren Punkten in Düsseldorf aufgetaucht sind. Ein Vorwurf gegen die Festung Europa, die sich abschottet. Sie ist aus Sicht der Protestierenden schuld an dem Tod tausender Flüchtlinge. Aktivisten der Künstlergruppe "Zentrum für Politische Schönheit" wollten auch in Köln und Bochum wachrütteln - und solange die Gräber nicht entfernt wurden, klappte das auch. Von Passanten gab es Zustimmung zu der Aktion.

Symbolische Gräber als Mahnmal

In der vergangenen Woche hatte das Künstler-Kollektiv bereits Bestattungen in Berlin zelebriert, bei denen offenbar ertrunkene syrische Flüchtlinge beerdigt wurden, die zuvor unter anderem aus Sizilien überführt worden waren. Die Veranstaltungen sorgten für große Aufmerksamkeit.

Bestattung vor dem Reichstag

Höhepunkt war dann jedoch am Sonntag eine Aktion vor dem Reichstag: Die Gruppe wollte exhumierte Leichen von Flüchtlingen vor das Bundeskanzleramt begleiten. Diese Aktion verbot die Berliner Polizei; stattdessen zogen mehr als 5.000 Menschen im "Marsch der Entschlossenen" vor den Reichstag und hoben dort symbolische Gräber aus. Sie verwandelten Teile des Platzes der Republik in einen "Friedhof". Die Demonstranten gruben Löcher und errichteten Erdhügel. Darauf legten sie Blumen und Grabkerzen ab. Außerdem stellten sie Kreuze und Grabsteine auf, mit Aufschriften wie "Grenzen töten" oder "Den unbekannten Flüchtlingen".

Kritik an der Inszenierung

Als sein Ziel gibt das "Zentrum für Politische Schönheit" an, die Würde der toten Flüchtlinge wiederherstellen zu wollen. Teilnehmer äußerten sich auf Twitter bewegt, doch schon im Vorfeld hatten Kritiker die Aktion als geschmacklos bezeichnet. Der Migrationsforscher Jürgen Friedrichs bezweifelt die Motive der skandalträchtigen Künstlergruppe: "Ich glaube, dass man sich hier ein Unglück zu eigen macht, um damit eine Show zu machen. Das ist eine sehr merkwürdige Form von Publicity."