MaximNoise über "Mit offenen Armen"
"Spüren lassen statt zu erklären"
Stand: 28.08.2015, 17:25 Uhr
Ein Musikvideo über Flucht und Gewalt? Der Neusser Künstler MaximNoise singt für den #rausschmeißer der Aktuellen Stunde über das, was ihn bewegt. Wie wäre es, wenn wir die Flüchtlinge wären? Er dreht die Situation um - für mehr Liebe statt Hass.
Du hast im Video zu Deinem Song "Mit offenen Armen" versucht, Dich in einen Flüchtling hinein zu versetzen: Wie es wäre, wenn man selbst nach der Flucht aus Deutschland in einem fremden Land auf Hass und Abwehr stoßen würde. Kannst Du uns in Kurzform sagen, was Du als Künstler mit dem Musikvideo ausdrücken willst?
MaximNoise: Ich möchte Verständnis für die Situation der Flüchtlinge schaffen, ohne erklären zu müssen. Ich will es die Zuschauer spüren lassen. Denn wenn sie es fühlen, dann behalten sie es ihr Leben lang. Auch wenn das vielleicht mit drastischen Bildern geschieht.
Was hat Dich bewegt, dieses Musikvideo zu machen?
MaximNoise: Ich setze mich in der Musik gerne mit Themen auseinander, die mich umgeben. Der Umgang mit Flüchtlingen hat mich schon länger angeknabbert. Es ist ein sensibles Thema. Aber was für mich gar nicht geht, sind Ausgrenzung und diese Hass-Parolen. Es ist auch einfach ein peinliches Bild unseres Landes, was da entsteht. Bei den Dreharbeiten in den Niederlanden bin ich auf Heidenau angesprochen worden. Auf keinen Fall ist die Mehrheit fremdenfeindlich oder gegen den Islam. Aber es ist etwas, was in Deutschland passiert. Da haben Menschen Angst um das, was sie "Heimat" nennen, verstoßen aber andere, die ihre "Heimat" teils brutal verloren haben. Wir sollten stolz darauf sein, dass wir diejenigen sind, die Flüchtlinge aufnehmen können. Und wir sollten es peinlich finden, dass wir es Menschen zumuten, die gefährliche Fahrt in einem Schlepper-LKW auf sich zu nehmen.
Stichwort Religion: Ein brennendes Kreuz, deutsche Bücher, die verbrannt werden ... Du hast eine starke, heftige und nicht ganz unkritische Symbolik benutzt. Warum?
MaximNoise: Es ist Teil der Spiegelung. Was wäre, wenn unsere Kultur, Glaube, Heimat plötzlich angegriffen oder verloren wären? In Syrien geht es zum Beipiel auch um Krieg gegen andersgläubige Gruppen. Würde so etwas hier passieren, könnten christliche Werte oder unsere Fahne zerstört werden. Das ist der Gedanke. Und was auch hier bei uns passiert: Symbole werden missbraucht. Da wird der Koran zum Sinnbild für islamistischen Terror. Darauf beziehe ich mich, wenn ich texte, dass die Bibel zum Zeichen für Terror wird. Es liegt mir total fern, irgendeine Religion zu verunglimpfen oder zu beleidigen. Es ist die Symbolik, die wirken soll.
Du stehst im Video in der Fußgängerzone, mit verbundenen Augen, offenen Armen und Schildern, auf denen steht: "Ich bin Deutscher, ich bin kein Rassist! Ich vertraue euch, vertraut ihr mir? Dann gebt mir eine Umarmung" Wie war das Gefühl, von den Menschen umarmt zu werden?
MaximNoise: Das war unglaublich! Von den vielen Menschen kannte ich niemand. Am Anfang war es natürlich merkwürdig, weil man vorher nicht weiß, dass man gleich umarmt wird. Es haben mich so viele angesprochen, auf deutsch, auf englisch. Und als ich die Augenbinde abnahm, standen da im Halbkreis 60, 70 Menschen um mich herum. Man sieht es im Video in der Glasscheibe hinter mir. Das war ein tolles Gefühl. Die Liebe macht keinen Lärm, immer nur der Ärger. Dass aber so viele bei mir stehen geblieben sind und applaudiert haben, das war ein klares lautes Zeichen für die Liebe.