Wie viel kleiner wird das Handgepäck im Vergleich zur aktuellen Größe?
Flugzeugpassagiere müssen sich möglicherweise darauf einstellen, dass sie deutlich weniger Gepäck mit an Bord nehmen dürfen. Nach dem Beschluss des Weltluftfahrtverbandes IATA bei der Jahrestagung in Miami sollen Kabinenkoffer laut Empfehlung künftig nur noch 55x35x20 Zentimeter messen statt bislang 55x45x25 Zentimeter. Der neue Standard soll noch in diesem Jahr eingeführt werden. Fast 40 Prozent weniger als bislang passt in die neuen Koffer mit dem Logo "IATA Cabin OK", die in dieser Woche auf der Jahrestagung vorgestellt wurden. Wer also gewohnt war, zehn T-Shirts mitzunehmen, müsste dann mit sechs auskommen.
Warum hat der Weltluftfahrtverband diese Reduzierung beschlossen?
"Die bisherigen Regelungen sind sehr unterschiedlich und führen immer wieder zu Frust bei den Passagieren", sagt Vizepräsident Tom Windmuller, der bei der IATA für Flughafen, Passagiere, Gepäck und Sicherheit verantwortlich ist. Eine einheitliche Regelung macht daher für die über 250 in dem Verband organisierten Fluggesellschaften Sinn. So ist garantiert, dass jeder Koffer mit diesen Abmaßen als Hangepäck akzeptiert wird. Sicherlich spielt auch der gestiegene Kostendruck der Fluggesellschaften eine Rolle, denn 40 Prozent weniger Gepäck bedeuten Hunderte Kilo weniger Gewicht und somit weniger Kerosin-Verbrauch.
"Grundsätzlich machen solche Standards ja schon Sinn, aber der Zeitpunkt macht einen stutzig", sagt Reiserechtler Ronald Schmid, Sprecher des Fluggastportals FairPlane. Er vermutet kommerzielle Interessen hinter den Beschränkungen, die für die Fluggesellschaften zu zusätzlichen Einnahmen etwa für aufgegebenes Gepäck führen sollen.
Gibt es aktuell einen allgemeinen Standard für Handgepäck?
Nein. Die vorgeschriebenen Größen bei den Fluglinien bewegen sich zwar alle innerhalb der 55x45x25 Zentimeter, unterscheiden sich aber meist in der Breite und Höhe um einige Zentimeter. Wichtig zu wissen: Die Abmessungen gelten inklusive der Griffe, Außentaschen und Rollen. Das erlaubte Gewicht liegt zwischen fünf und zwölf Kilogramm. Bei Fluglinien ohne Gewichtsangabe gilt die Faustregel, dass Handgepäck ohne fremde Hilfe in den Ablagefächern untergebracht werden muss.
Bei vielen Fluglinien darf zusätzlich noch ein "persönlicher Gegenstand" mitgenommen werden - von der Handtasche über Regenschirm und Kamera bis zu Laptop und Krücken. Die Regelungen unterliegen aber ständigen Veränderungen, und immer öfter hat auch die Tarifklasse Auswirkungen. In der billigsten Klasse ist oft nur ein Stück erlaubt, in höheren jedoch zwei. Das Platzproblem in den Kabinen dürfte sich in den kommenden Jahren indes verschärfen, weil immer mehr Gesellschaften für aufzugebende Gepäckstücke extra kassieren. Air Berlin verkauft seit Mai Tickets ohne Freigepäck. Die Lufthansa will ihren entsprechenden "Light-Tarif" in diesem Oktober einführen.
Wie wirkt sich die Einführung dieses neuen Standards aus?
Symbolisiert wird die neue Größe durch ein "IATA Cabin OK"-Logo, mit dem neu hergestellte Handgepäck-Koffer demnächst versehen sein sollen. Bisherige Gepäckstücke in passender Größe dürfen aber nicht mit diesem Logo "umgerüstet" werden. Die Kofferhersteller können also auf eine kleine Sonderkonjunktur hoffen. "Das sind bislang nur Empfehlungen, die noch nicht konkret umgesetzt werden. Wir planen derzeit keine neuen Größen", sagt etwa die Sprecherin eines Kölner Herstellers. Aber eines sei auch klar: "Wenn es so weit ist, werden wir sicher reagieren."
Müssen alle Fluggesellschaften die neue Regelung einführen?
Nein, es handelt sich dabei bisher lediglich um eine Empfehlung. Der Weltluftfahrtverband IATA lässt den Gesellschaften die freie Wahl, bezeichnet die Festlegung der Handgepäck-Regeln als unabhängig und freiwillig. Viele "wichtige Fluglinien" hätten aber bereits signalisiert, dass sie die neuen Größen bald übernehmen wollen. Die großen deutschen Airlines Lufthansa und Germanwings haben nach eigenen Angaben vom Donnerstag (10.06.2015) noch nicht entschieden, ob sie die Empfehlungen umsetzen.