Bachelor-Studiengang

Wirtschaft unzufrieden mit BA-Absolventen

Stand: 23.04.2015, 16:40 Uhr

  • Berufseinsteiger erfüllen Erwartungen der Unternehmen nicht
  • Unternehmen bemängeln fehlenden Praxisbezug und mangelnde Fachkompetenz
  • Studierende kritisieren knappes Angebot an Masterstudiengängen

Die DIHK-Umfrage zur Zufriedenheit mit Bachelor-Absolventen wurde bereits zum dritten Mal durchgeführt. Aktuell gaben nur 47 Prozent der befragten Unternehmen an, dass Berufseinsteiger mit diesem Hochschulabschluss ihre Erwartungen erfüllen. 2007 waren noch 67, 2011 noch 63 Prozent aller Firmen mit den Bachelor-Absolventen zufrieden gewesen. Bei Absolventen mit Masterabschluss sieht das Ergebnis bedeutet besser aus. Hier gaben 78 Prozent der befragten Unternehmen an, mit ihren Leistungen zufrieden zu sein (2007: 70 Prozent, 2011: 65 Prozent). Insgesamt wurden 2.000 Unternehmen zu ihren Erfahrungen befragt. Den starken Abfall des Zufriedenheitsfaktors erklärt Dr. Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DIHK-Deutschland: "Es gibt eine ganze Reihe von Bachelor-Studiengängen, die am Bedarf der Unternehmen vorbeigehen. Das ist vor allem an Hochschulen der Fall. Besser sind BA-Studiengänge, die als duales Studium durchgeführt werden. Da haben die jungen Menschen Chancen, die Erwartungen der Unternehmen auch zu erfüllen." Auch die Studierenden selbst scheinen unzufrieden, wie die Zahl von rund 100.000 Studiengabbrechern vermuten lässt.

Stärkere Praxisorientierung der Studiengänge gefordert

Besonders schlecht wurden Bachelor-Absolventen von Unternehmen aus dem Tourismus- und Gaststättengewerbe und den Bereichen IT und Medien bewertet. Rund jedes dritte Unternehmen aus diesen Wirtschaftszweigen wünsche sich eine stärkere Praxisorientierung der Studiengänge. DIHK-Präsident Eric Schweitzer fordert, aus diesen Ergebnissen Konsequenzen zu ziehen. "Die Zahl der Studienplätze kann nicht grenzenlos steigen. Ich bin sogar dafür, sie wieder zu verknappen", sagte Schweitzer der "Welt". Benedikt Ruppert, 2. Vorsitzender des AStA Köln, ärgert diese Aussage. "Es kann nicht genug Bildung geben - und Bildung sollte für jeden möglich sein."

Zulassungsbeschränkungen als Hürde

Einerseits beklage die Wirtschaft, ihr stünden nicht genügend Fachkräfte zur Verfügung, andererseits würde das Angebot zur qualitativ hochwertigen Ausbildung seitens der Hochschulen künstlich verknappt, so Ruppert. Wer an seinen Bachelor-Abschluss einen Master-Studiengang anschließen will, braucht gute Noten. "Hier liegen auf den Fächern zum Teil sehr hohe NCs", so Ruppert. Dadurch würden viele Studierende, die sich gerne weiter qualifizieren würden, vom System ausgeklammert. Aber nicht nur die Zulassungsbeschränkungen seien ein Problem, sagt der AStA-Vertreter. "Die Idee, die hinter den Bachelor- und Master-Studiengängen liegt, kann nicht funktionieren: Wer Studienzeiten verkürzt, kann nicht gleichzeitig von den Studierenden erwarten, fachlich besser zu werden."

Euphorie des Bolognia-Prozess verflogen

Mit dieser Meinung ist Ruppert nicht allein. Als vor 16 Jahren mit dem Bologna-Prozess eine Hochschulreform angestoßen wurde, waren viele der Beteiligten euphorisch. Sie sollte europaweit für vergleichbare Studienbedingungen sorgen zwischen wird die Studienreform kritischer gesehen. Wolfgang Lieb, 1999 Staatssekretär im NRW-Wissenschaftsministerium, kritisierte bereits zum 15-jährigen Bolognia-Jubiläum die Umsetzung der reform. Man habe die Dinge überstürzt, nicht gründlich durchdacht. "Man hat kein Konzept gehabt, ein Bachelorstudium auf sechs Semester zu reduzieren, sondern man hat also alles Mögliche hineingestopft, was hineinzustopfen war." Studierende hätten das als "Bulimie-Studium" erlebt. "Nämlich reinfressen", so Lieb, "und bei der Prüfung wieder ausspucken."

Fachliche und methodische Kompetenzen

Laut DIHK-Umfrage bleiben bei einem solchen Studium im Schnelldurchlauf fachliche und methodische Kompetenzen auf der Strecke. Das gaben 48 Prozent der befragten Unternehmen als Grund an, warum sie sich bereits in der Probezeit von einem Bachelor-Absolventen getrennt haben. Nicht ausreichende persönliche Kompetenzen nannten 43 Prozent. Benedikt Ruppert kann sich über solche Aussagen nur wundern. "Wer mit 18 Jahren Abitur macht und das Bachelorstudium in sechs Semestern Regelstudienzeit durchzieht, landet mit 21 auf dem Arbeitsmarkt. Wann und wo sollen die Absolventen denn da jenseits des vorgesehenen Praxissemesters praktische Erfahrungen sammeln und persönliche Kompetenzen ausbilden?" Das Studium sei nun einmal ein Bildungsweg - und keine praktische Ausbildung.

Das sieht Dr. Achim Dercks vom DIHK ähnlich und fordert, bereits die Schüler auch für Ausbildungsberufe zu sensibilisieren. "Das Thema sollte schon an den Gymnasien stärker in den Fokus zu rücken, damit die Berufswahlentscheidung öfter auch direkt in Richtung berufliche Bildung geht. Damit hätten wir dann am Ende vielleicht auch weniger Studienabbrecher."