Sicht von oben auf Trümmer des Kölner Stadtarchivs

Taucher sollen Unglücksursache finden

Dem Archiv-Einsturz auf der Spur

Stand: 22.10.2012, 15:49 Uhr

Dreieinhalb Jahre nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs hoffen die Ermittler, bis Anfang 2014 sichere Beweise für die Unglücksursache in der Hand zu haben. Nach dem Ende der Bergungsarbeiten startet nun der Bau eines Schachts, der einen Blick in die Tiefe ermöglichen soll.

Von Andreas Poulakos

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag (22.10.2012) stellten Stadt Köln und Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) gemeinsam die Pläne für das "Besichtigungsbauwerk" vor. Dabei handelt es sich um einen Schacht, der rund 33 Meter tief ins Erdreich getrieben werden soll. Am Grund des Schachts vermutet die KVB ein Loch in einer Schlitzwand, das am 3. März 2009 das Unglück verursacht haben soll. Aus Statikgründen kann das Grundwasser nicht aus dem Schacht abgepumpt werden. Die Beweissicherung übernehmen deshalb Taucher, die den vermuteten Schaden mit Film- und Fotoaufnahmen dokumentieren sollen. "Wir denken, dass wir die Stelle im Januar 2014 erreicht haben", sagte Jörn Schwarze, der technische Vorstand der KVB. Die lange Bauzeit hänge auch damit zusammen, dass man mit höchster Vorsicht vorgehen müsse, erklärte Schwarze weiter. "Durch die Arbeiten dürfen keine Beweise zerstört werden."

KVB vermutet Baupfusch

Laut KVB weisen mehrere Gutachten darauf hin, dass die beauftragten Firmen beim Bau der unterirdischen Schlitzwand gepfuscht haben. Die Wand sei an einer Stelle gebrochen. Dann seien große Mengen Grundwasser, Sand und Kies in die U-Bahn-Baustelle gespült worden. Das habe dem Stadtarchiv regelrecht den Boden entzogen, und das Gebäude sei in sich zusammengebrochen. Der Fehler sei möglicherweise schon Jahre zuvor bei der Aushebung des Schachts für die Wand entstanden. Die beschuldigten Baufirmen sagen dagegen, es gebe bisher keine gesicherten Hinweise auf ein Loch in der Schlitzwand. Weil sie Schwachstellen in der Bodenstruktur nicht entdeckt habe, habe die KVB sich vielmehr von vornherein für ein falsches Bauverfahren entschieden. Möglicherweise seien große Mengen Grundwasser durch den Boden der Baustelle eingebrochen, wodurch das Archiv seine Standfestigkeit verloren habe.

Gesamtschaden: eine Milliarde Euro

Die Stadt Köln rechnet mittlerweile mit einem Gesamtschaden des Einsturzes in Höhe von einer Milliarde Euro. In dieser Summe sind die voraussichtlichen Kosten der Restaurierung der geborgenen Archivgüter mit 300 bis 400 Millionen Euro enthalten. Hinzu kommen der Neubau des Stadtarchivs sowie Rettungskosten, Bergungskosten und Schadenersatzansprüche. Bei dem Einsturz hatten 36 Anwohner aus den Nachbarhäusern ihre Wohnungen verloren. Zwei junge Männer kamen ums Leben. Insgesamt waren kostbare Dokumente auf einer Länge von 30 Regalkilometern verschüttet worden. 95 Prozent konnten geborgen werden und werden seitdem schrittweise restauriert.