Karl-Theodor zu Guttenberg

Plagiatsvorwurf gegen Guttenberg

Auch NRW-Unis fahnden nach Fälschern

Stand: 16.02.2011, 14:26 Uhr

Ein Juraprofessor erhebt Plagiatsvorwürfe gegen Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Verteidigungsminister soll Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben. Kein Einzelfall. Auch in NRW reichen Studenten immer wieder abgekupferte Arbeiten ein. Doch die Unis rüsten technisch auf, um Plagiatoren zu erwischen.

Von Christian Bernstein

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"Der wissenschaftliche Ertrag der Arbeit ist bescheiden." Die Rezension des Bremer Jura-Professors Andreas Fischer-Lescano ist eine wissenschaftliche Höchststrafe. Punkt für Punkt nimmt er in seinem Artikel die Guttenbergsche Doktorarbeit auseinander. "Zu Guttenbergs Argumentation mäandert vor sich hin und zermürbt die LeserInnen durch seitenlanges Politsprech und die Nacherzählung rechtspolitischer Diskussionen [...]", schreibt Fischer-Lescano an einer Stelle. Danach listet der Juraprofessor seitenweise wortgleiche Textpassagen zu anderen wissenschaftlichen Arbeiten auf, die der Verteidigungsminister nicht als Zitate kenntlich gemacht haben soll. Das Fazit von Fischer-Lescano: "Das Gesamturteil 'summa cum laude' erscheint darum mehr als schmeichelhaft." Die Arbeit sein ein "dreistes Plagiat". Die Prüfer der Uni Bayreuth müssten sich fragen lassen, ob die Doktorarbeit überhaupt eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit im Sinne des Hochschulgesetzes sei, ätzt der Juraprofessor.

Universitäten entlarven Plagiate mit Spezial-Software

Der Fall des Verteidigungsministers zu Guttenberg ist kein extremer Ausreißer. Immer wieder reichen Studenten abgeschriebene Arbeiten ein. Um das zu verhindern, rüsten die Unis in NRW seit einigen Jahren kräftig auf. Mit Computerprogrammen versuchen sie, den Betrügern auf die Spur zu kommen. Seit zwei Jahren gibt es zum Beispiel an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Köln das Programm "Turnitin". Die Software vergleicht eine eingereichte Arbeit mit einer riesigen Datenbank. In der sind zehntausende Bücher, wissenschaftliche Arbeiten, aber auch Zeitungsartikel gespeichert. "Das Programm findet alles. Es ist wirklich gut. Und es zeigt auch die Originalquelle", sagt Katharina Eckert. Sie überprüft alle verdächtigen wissenschaftlichen Arbeiten der Studenten am Lehrstuhl für politische Wissenschaft.

Das Programm zeigt nach kurzer Überprüfung alle Treffer an und gibt in einem Ampelsystem - grün, gelb oder rot - erste Hinweise auf die Qualität der eingereichten Arbeit. "Man muss natürlich sehr vorsichtig sein und sich das genau anschauen", sagt Eckert. Denn nicht jeder Treffer deute gleich auf ein Plagiat hin. Oft würden die Studenten einfach schlampig arbeiten. Trotzdem: Immer wieder stößt Eckert auf eine Quelle, die Studenten offenbar besonders gerne verwenden. "Am häufigsten finden wir bei Studierenden Wikipedia-Zitate, die leicht umformuliert sind."

Fall Guttenberg: Zu früh für ein Urteil

Im Fall von Verteidigungsminister zu Guttenberg geht es allerdings nicht um einfache Wikipedia-Zitate. Er soll ganze Textpassagen nicht als Fremdquellen kenntlich gemacht haben. "Nach dem, was bisher vorliegt, ist es noch zu früh, ein Urteil zu fällen. Man muss da genau hinschauen", warnt Bernhard Kempen, der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes und Juraprofessor an der Uni Köln. In einer Doktorarbeit mit 500 Seiten könne es schon einmal vorkommen, dass eine Fußnote vergessen wird, sagt Kemper. Doch die Sache könnte für zu Guttenberg auch ernster werden: "Wenn an der Vorwürfen etwas dran ist, wird es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass der Doktortitel aberkannt wird. Das wird in der Universität Bayreuth aber jetzt geprüft und ich habe großes Vertrauen, dass die Kollegen dort zu einer richtigen Entscheidung kommen", sagt Kempen.

Statistiken über die Zahl der entdeckten Plagiate an deutschen Universitäten gibt es nicht. "Die Fakultäten tauschen das nicht aus", sagt der Juraprofessor Wolfgang Löwer. Er ist Mitglied einer Komission der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens untersucht. "In den Geisteswissenschaften ist das eines der großen Probleme, dass Erkenntnisse abgekupfert werden", sagt Löwer. Mehrmals in seiner Laufbahn hat er erlebt, wie Doktortitel aufgrund von Plagiaten wieder entzogen wurden. Entgegen der landläufigen Meinung falle den Universitäten die Entscheidung auch nicht schwer, sagt Löwer. "Die Fakultäten zögern nicht, wenn die Täuschung beweisbar ist."

Kein Generalverdacht für alle Studenten

Doch selbst wenn zu Guttenberg seinen Doktortitel verlieren sollte: Sein wirtschaftlicher Schaden dürfte sich in Grenzen halten. Ganz anders ergeht es da einfachen Studenten. Das NRW-Hochschulrecht ist in Plagiats-Fällen eindeutig: Bis zu 50.000 Euro Strafe kann eine abgeschriebene Arbeit kosten. Sogar die Exmatrikulation ist möglich und damit das Studienende ohne Abschluss. Für die betroffenen Studenten bedeutet das oft das Ende ihrer bisherigen Lebensplanung.

An der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Köln überprüft Katharina Eckert verdächtige Arbeiten nur auf gezielte Anfrage von Dozenten. Alle Arbeiten zu kontrollieren, sei viel zu aufwändig. "Ich finde es auch nicht richtig, alle Studierenden unter Generalverdacht zu stellen", sagt sie. Trotzdem sind die Überprüfungen im Einzelfall aus ihrer Sicht sinnvoll: "Die Abschreckungswirkung ist der größte Effekt."

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