Aloisiuskolleg in Bonn

Gerichtsverhandlung um Jesuitenschule

Klage gegen das Aloisius-Kolleg abgelehnt

Stand: 26.09.2012, 06:05 Uhr

Sie waren Schüler des Aloisius-Kollegs und wurden nach eigenen Angaben misshandelt. Nun fordern sie - zum Teil 60 Jahre später – die Schließung der Schule in Bonn - "präventiv, um weitere Kinder zu schützen". Trotz neuer Vorwürfe hat das Verwaltungsgericht die Klage abgelehnt.

Von Markus Rinke

„Die Klage bezieht sich auf die Menschen, die jetzt da sind“, erklärt der Anwalt der Kläger, Heinz Josef Sehr. Der älteste Kläger ist über 70 Jahre alt, der jüngste noch nicht einmal 30 - sieben ehemalige Schüler, die von Patres und Mitarbeitern des Aloisiuskollegs mutmaßlich misshandelt wurden. Sie fordern, dass das Kolleg vorsorglich geschlossen wird, um weitere Kinder zu schützen. Denn es sollen, so der Vorwurf des Anwalts, am Kolleg noch immer Mitarbeiter sein, die in der Vergangenheit nicht mit Eifer an der Aufklärung beteiligt waren. Die Leitung des Aloisiuskollegs äußerte sich nicht zu den Vorwürfen.

Bezirksregierung sieht keine Fehlverhalten

Ein Opfer hatte zunächst im August 2011 einen Antrag auf Entzug der Ersatzschulgenehmigung des Jesuitenkollegs gestellt. Diesem Antrag hatte die Bezirksregierung Anfang dieses Jahres widersprochen. Sie ist überzeugt, dass die Vorraussetzung für eine Genehmigung der Schule nach jetzigem Stand gegeben sei. Außerdem sei fraglich, ob die Kläger heute überhaupt das Recht haben, zu klagen. Schließlich sind sie schon lange keine Schüler mehr.

60 Jahre Missbrauch

Obwohl es auch früher schon Hinweise gab, sorgten erst 2010 die Fälle am Aloisiuskolleg und an anderen Schulen für einen großen Skandal. In einem Abschlussbericht einer unabhängige Untersuchungskommission der Kölner Professorin Julia Zinsmeister sind 58 Fälle allein in Bonn aufgeführt. Doch die Zahl sei nicht im entferntesten vollständig, so die Autoren des Berichts. Die nachgewiesenen Fälle waren strafrechtlich nicht mehr zu ahnden, die beschuldigten Patres inzwischen verstorben. Die Opfer haben keine Entschädigung erhalten, das Aloisiuskolleg hatte aber als „symbolisches Zeichen“ jedem 5.000 Euro angeboten.

Ist die Klage zulässig?

Die Klage bezieht sich aber nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die aktuelle Situation. Deshalb müssen die Richter am Mittwoch (26.09.12) erst entscheiden, ob die Klage zulässig ist und überhaupt verhandelt wird. Sollte sie abgewiesen werden, will der Verteidiger Heinz Josef Sehr notfalls durch alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof gehen. Die Kläger und ihr Anwalt wollen vor allem eine Antwort, "ob eine Behörde über sechs Jahrzehnte nichts gewusst haben kann."