Bahnreisende stehen auf einem Bahnsteig

Bis Mittwoch Einschränkungen für Fahrgäste

"Die Bahn ist empfindlicher geworden"

Stand: 22.01.2007, 15:41 Uhr

Auch vier Tage nachdem das Sturmtief "Kyrill" über Deutschland hinweg fegte, sind dessen Auswirkungen noch deutlich spürbar. Vor allem Fahrgäste der Deutschen Bahn müssen weiterhin mit Einschränkungen rechnen.

Von Anja Nowka

Obwohl Mitarbeiter seit Ende des Sturms ununterbrochen mit den Räumungsarbeiten beschäftigt sind, konnten am Montag (22.01.2007) nicht alle Strecken wieder freigegeben werden. "Es müssen an einigen Stellen neue Oberleitungen gespannt werden und auch durch den Sturm beschädigte Oberleitungsmasten repariert oder neu aufgestellt werden", erklärt Udo Kampschulte, stellvertretender NRW-Pressesprecher der Deutschen Bahn die andauernden Einschränkungen. Das Streckennetz in Nordrhein-Westfalen sei das vom Sturm am stärksten Betroffene in ganz Deutschland.

Vorsorge fällt Sparmaßnahmen zum Opfer

Trotz dieser Erklärung seitens der Bahn übt der Fahrgastverband Pro Bahn Kritik: "Die Bahn ist aufgrund ihrer Sparmaßnahmen in den vergangenen Jahren empfindlicher geworden. Früher gab es mehr Gleise und Informationsmöglichkeiten", meint Pressesprecher Hartmut Buyken. Vor einigen Jahren seien umsturzgefährdete Bäume an Gleisen vorsorglich gefällt worden, das sei durch die Sparmaßnahmen heute nicht mehr zu realisieren.

Die Bahn schneide auch heute noch regelmäßig den Baumbestand an den Gleisen zurück, entgegnet Kampschulte diesem Argument. Doch bei einem Streckennetz in Nordrhein-Westfalen von insgesamt 4.500 Kilometern Gleisen sei der Arbeitsaufwand enorm.

Bahn braucht weit reichendes Informations-Management

Die Hauptkritik des Fahrgastverbandes gilt jedoch dem Informations-Management der Deutschen Bahn. Kunden seien nicht zufriedenstellend informiert worden. Der Fahrgastverband fordert ein ähnlich weit reichendes Informationssystem wie für den Straßenverkehr.

Auch hier weist der Bahn-Pressesprecher die Vorwürfe zurück: "Wir haben 350 zusätzliche Mitarbeiter an eine kostenlose Hotline gesetzt, um möglichst viele Kunden bedienen zu können." Dort hätten bis zu drei Millionen Menschen pro Tag angerufen. "Dass es bei dem Aufkommen zu längeren Warteschleifen kam, ist doch nicht auszuschließen", erklärt Kampschulte. An den Service-Schaltern in den Bahnhöfen habe ebenfalls zusätzliches Personal die Fragen der Kunden beantwortet.

"Entscheidung war verantwortungsvoll"

Heidi Tischmann, Verkehrsexpertin beim Verkehrsclub Deutschland, erklärt, "die Bahn ist geblieben, wie sie immer war, nur das Wetter ist extremer geworden". Das Unternehmen habe richtig und verantwortungsvoll auf den Sturm reagiert, als die Entscheidung für eine zeitweilige Stilllegung des Bahnverkehrs gefällt wurde. In den Bahnhöfen seien die Fahrgäste am besten aufgehoben gewesen und erinnert in dem Zusammenhang an den Eisregen an Weihnachten 2002, als tausende Fahrgäste auf offener Strecke in den kalten Zügen festsaßen. Ähnliches wäre am Donnerstag zu erwarten gewesen, wenn man den Verkehr hätte rollen lassen, meint die Expertin.

Bahn zieht Fazit

Die Bahn ist bemüht, spätestens am Mittwoch (24.01.2007) wieder auf allen Linien verkehren zu können, erklärt Unternehmens-Sprecher Kampschulte. Unterstützung dafür kommt unter anderem aus den vom Sturm weniger betroffenen benachbarten Bundesländern. In den kommenden Tagen werde es abschließende Gespräche geben, in denen geklärt werden soll, wie gut das Krisen-Management der Bahn funktioniert hat und inwieweit es verbessert werden kann.