Symbolbild: Regenwolken

Interview mit dem WDR-Wetterexperten

"Frappierend, wie ein Tief das nächste jagt"

Stand: 18.01.2007, 11:45 Uhr

Elf Tiefdruckgebiete sind seit Neujahr über Europa hinweggezogen - die meisten davon fast unbemerkt. Dafür kamen gleich zwei Stürme, "Franz" und jetzt "Kyrill", mit voller Wucht über das Land. Wird das Winter-Tief zum Normalzustand?

Oliver Klein ist in diesen Tagen ein vielgefragter Mann: "Kyrill", das Atlantik-Sturmtief, soll sich zum schlimmsten Orkan seit vier Jahren entwickeln, mit Windgeschwindigkeiten über 140 Stundenkilometern - und der WDR-Wetterexperte muss immer die neuesten Daten bereit haben. Zwischen zwei Unwetterwarnungen hat er dennoch Zeit für Interview gefunden.

WDR.de: Herr Klein, das ist das elfte Tief in drei Wochen, letztes Jahr waren es im selben Zeitraum nur zwei. Ist das normal?

Oliver Klein: So sicherlich nicht. Das Jahr war bisher wirklich von Tiefdruckgebieten in schnellster Folge geprägt. Der Dezember war wesentlich ruhiger, und da ist es schon frappierend, wie ein Tief das nächste jagt. Auf jeden Fall ist das ein Alarmsignal für den Klimawandel.

WDR.de: Und diese Tiefs sind auch noch besonders stürmisch.

Klein: Ja, nicht nur die Zahl ist dramatisch. Das ist schon das zweite Sturmtief in diesem Jahr. Letzten Donnerstag hatten wir "Franz" mit einer Orkanböe von 122 Stundenkilometern, und "Kyrill" wird wesentlich stärker sein.

WDR.de: Müssen wir uns jetzt an stürmische und nasse Winter gewöhnen?

Klein: Das ist schon der Trend. Es wird aber noch Ausreißer in die andere Richtung geben: Der vergangene Winter, der kalt und schneereich und kaum von Sturm geprägt war, war genau das Gegenteil von dem, was wir jetzt haben, deswegen kommt uns das besonders dramatisch vor. Trotzdem gilt, dass die Winter allgemein milder werden, und durch die größeren Unterschiede zwischen kalter und warmer Luft auf der Erde ist mehr Energie vorhanden, die diese Tiefdruckgebiete antreibt. Also mehr Regen mit höheren Temperaturen, die diese Stürme hervorrufen.

WDR.de: Werden die Sommer auch nasser?

Klein: Nein, aber die Extreme zwischen Winter und Sommer werden größer. Die Winter mild und nass, die Sommer sehr heiß und trocken. Das heißt aber auch nicht, dass jedes Mal Temperaturen über 35 Grad herrschen. Es kann immer noch einen verregneten Sommer geben.

WDR.de: Die Tiefs werden durchbuchstabiert, dieses heißt "Kyrill". Haben Sie schon eine Idee, wie das nächste genannt wird?

Klein: Die nächsten Tiefs bilden sich zwar schon über dem Atlantik, sind aber noch zu weit weg. Grundsätzlich werden dieses Jahr männliche Vornamen vergeben. Aber uns ist sowieso egal, wie sie heißen, uns interessiert mehr, was sie auslösen. Hauptsache, sie fallen nicht mehr so heftig aus.

Die Fragen stellte Marion Kretz-Mangold.