Aussage gegen Aussage bei Szenario 2014

4.300 betriebsbedingte Kündigungen im Bergbau?

Stand: 02.02.2007, 12:57 Uhr

Wütend haben die Bergleute gegen den Rüttgers-Vorstoß protestiert, bereits bis 2014 die Zechen zu schließen: Dann säßen tausende Kumpel auf der Straße. Das Land beharrt darauf, dass ein sozialverträglicher Ausstieg auch dann möglich sei.

Von Fiete Stegers

Die Gewerkschaft IG BCE, der Gesamtbetriebsrat der Deutschen Steinkohle AG (DSK) und der Mutterkonzern RAG sind sich einig: Würde die letzte der acht noch betriebenen Zechen, wie von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gefordert, bis 2014 geschlossen werden, wäre das nicht ohne betriebsbedingte Kündigungen möglich.

4.270 Kumpel müssten dann entlassen werden - so steht es in einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, das verschiedene Szenarien für die Zechenschließungen durchgerechnet hat. Würde die Zechen schon 2012 dicht gemacht, wären es demnach fast 11.000 Kündigungen.

IG BCE: Nur ein Bergwerk weniger pro Jahr verkraftbar

"Wenn Sie ein Bergwerk schließen, haben Sie rund 3.500 Mitarbeiter, die Sie unterbringen müssen", erläutert Christoph Meer, Sprecher des IG BCE-Landesbezirks Westfalen, gegenüber WDR.de. Das liefe nach dem selben Muster wie bei früheren Zechenschließungen ab, bei denen die DSK entsprechende Erfahrungen machen konnte: "Die älteren Kollege gehen im gesamten Unternehmen Deutsche Steinkohle in Altersteilzeit. Kumpel mit 50 Jahren, wer übertage arbeitet mit 55. Die jüngeren Kollegen werden auf andere Zechen verlegt."

Dieser Prozess lässt aber nur wenig Spielraum: "Es kann maximal ein Bergwerk im Jahr geschlossen werden", sagt Meer: "Wenn Sie die Bergwerke früher dicht machen, geht das nicht. Das KPMG-Gutachten liegt ja auch den Beamten in den Ministerien vor. Deswegen sind wir ja auch so verwundert, dass Herr Rüttgers jetzt auf einmal das Ausstiegsdatum 2014 nennt."

Aussage gegen Aussage

Die Landesregierung verweist dagegen skeptisch darauf, woher die Zahlen des für Bund und Länder erstellten KPMG-Gutachtens kommen, "Das sind eigene Berechnungen der Deutschen Steinkohle, die da zugrunde liegen", sagt Jochim Neuser, Sprecher des Wirtschaftsministeriums zu WDR.de. Er warnt die Gewerkschafter davor, "Ängste zu schüren": "Der Ausstieg wird sozialverträglich ablaufen, das haben wir immer gesagt."

Wie die Landesregierung sich das vorstellt und wo sie Fehler im KPMG-Gutachten sieht, sagt Neuser nicht. Aber mit ihrer Einschätzung, der Ausstieg sei früher als 2018 sozialverträglich möglich, ist sie nicht allein: Der Grünen-Bundesvorsitzende Rainer Bütikofer hält einen Ausstieg bis 2015 ohne Kündigungen für machbar.