Schlagabtausch im Plagiatsstreit

Von politischem Kalkül bis Dilettantismus

Stand: 21.10.2012, 15:09 Uhr

In der Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) verschärft sich der Ton. Unionsfraktionschef Volker Kauder wirft der Universität Düsseldorf "Dilettantismus" vor. Uni-Rektor Pieper wehrt sich.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte im Interview mit der Tageszeitung "Die Welt", er sei "entsetzt über die Art und Weise, wie die Universität in Düsseldorf" vorgegangen ist, als es um die Prüfung der Doktorarbeit von Ministerin Schavan ging. "Hier ist gegen alle Formen verstoßen worden, die es für ein faires Verfahren braucht. Alle an diesem Verfahren Beteiligten sind so eindeutig befangen." Er vermute hinter der Affäre kein politisches Kalkül, sondern "nur Dilettantismus". Das Verfahren müsse so schnell wie möglich beendet und noch einmal an anderer Stelle neu begonnen werden. Er sei sicher, dass Schavan die Vorwürfe entkräften könne.

Anzeige gegen Unbekannt

Die Universität Düsseldorf prüft derzeit Vorwürfe von Internet-Plagiatsjägern, nach denen Schavan in ihrer Dissertation weite Passagen nicht korrekt zitiert haben soll. Durch eine Indiskretion war ein internes Papier zu Schavans Doktorarbeit von 1980 bekannt geworden, in dem der Gutachter Stefan Rohrbacher Schavan nach Medienberichten eine Täuschungsabsicht unterstellt. Die Ministerin bestreitet dies. Die Universität hat sich mittlerweile per Strafanzeige gegen Unbekannt auf die Suche nach der undichten Stelle begeben und bedauert, dass Teile des Gutachtens an die Öffentlichkeit gelangt waren.

Zweierlei Maß?

Uni-Rektor Michael Piper wehrt sich jedoch gegen Vorwürfe, die sich gegen die Prüfungskommission richten, und kritisierte eine verzerrte Beurteilung aus politischen Gründen. "Weil es um eine verdiente Ministerin geht, sind die Maßstäbe plötzlich andere. Das hat nichts mit wissenschaftlicher Aufklärung zu tun", sagte Piper der "Süddeutschen Zeitung".

Piper kritisiert vor allem namhafte Wissenschaftler, die sich in der Plagiatsaffäre vor Schavan gestellt haben. Sie täten "das Gegenteil von dem, was sie in den vergangenen Jahren vereinbart haben", sagte Piper. Mehrere Organisationen hatten im Zuge der jüngsten Affären um Doktorarbeiten Richtlinien verabschiedet und ein strengeres Vorgehen gegen Plagiate und anderes Fehlverhalten vereinbart. "Nun soll hinter diese Standards zurückgetreten werden."

"Gutachter war nicht erste Wahl"

Wie der Spiegel berichtet, war der in die Kritik geratene Gutachter und Vorsitzende des Promotionsausschusses Stefan Rohrbacher "offenbar nicht die erste Wahl der Uni Düsseldorf". Die hatte sich ursprünglich für die Erziehungswissenschaftlerin Christine Schwarzer entschieden. Laut Spiegel gehört sie im Gegensatz zu Rohrbacher keinem der Gremien an, die über einen möglichen Entzug des Doktortitels von Schavan urteilen. Schwarzer hatte den Auftrag wieder zurückgegeben.