Mutmaßlicher Anschlag

Bei Salafisten gefundene Chemikalie war sprengfähig

Stand: 15.03.2013, 19:06 Uhr

Die Polizei hat die Wohnung eines festgenommenen Salafisten in Bonn am Freitag (15.03.203) weiter durchsucht und erneut erneut Chemikalien gefunden. Sie wurden noch vor Ort kontrolliert gesprengt. Die Verdächtigen sollen Anschläge auf Mitglieder der rechtsextremen Partei Pro NRW geplant haben.

Schon bei der Durchsuchung am Mittwoch (13.03.2013) hatten die Ermittler in der Bonner Wohnung eines Verdächtigen eine Chemikalie entdeckt. Dabei habe es sich um Ammoniumnitrat gehandelt, sagte der Dortmunder Staatsanwalt Henner Kruse am Freitag (15.03.2013). Ein Zünder sei allerdings nicht gefunden worden. Die ebenfalls sichergestellte Pistole sei illegal und funktionsfähig gewesen. Bei einer erneuten Wohnungsdurchsuchung am Freitag entdeckten die Beamten bei dem Verdächtigen aus Bonn dann eine weitere möglicherweise sprengfähige Substanz. Diese wurde noch vor Ort von einem Spezialisten des Landeskriminalamtes kontrolliert gesprengt, wie die Essener Polizei am Freitagabend mitteilte. Worum es sich bei der Substanz handelte, konnte noch nicht ermittelt werden.

Verdächtige schweigen zu den Vorwürfen

Die vier radikal-islamischen Männer im Alter zwischen 23 und 43 Jahren, die in der Nacht zum Mittwoch (13.03.2013) festgenommen worden waren, sitzen in verschiedenen Haftanstalten. Sie sollen Anschläge auf Mitglieder der rechtsextremen Partei Pro NRW geplant haben. Zwei von ihnen waren in der Nähe des Hauses des Pro NRW-Vorsitzenden Markus Beisicht in Leverkusen beobachtet worden. Sie waren unbewaffnet. Alle vier schweigen zu den Vorwürfen. Woher sie sich kannten, sei noch unklar, sagte Kruse. Sie hätten aber in den vergangenen Wochen regen Kontakt gehabt. Ihnen werde die Planung schwerer staatsgefährdender Straftaten vorgeworfen, hieß es in einer Mitteilung der Essener Polizei.

Liste mit rot markierten Namen gefunden

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte der Zeitung "Express" am Donnerstag, die Beobachtung der salafistischen Szene sei noch einmal verstärkt worden. Dadurch habe der geplante Anschlag gegen Beisicht vereitelt werden können. Die Polizei sei "zu einem Zeitpunkt eingeschritten, als die Tatausführung unmittelbar drohte".

Spezialeinheiten hatten bei den Verdächtigen eine Liste mit neun rot markierten Namen gefunden, darunter dem von Beisicht, erklärte der Ermittlungsleiter Rainer Pannenbäcker am Mittwochabend. Ob dies eine Art Todesliste war, wollte Pannenbäcker nicht kommentieren. Jedenfalls habe die Polizei nach "operativen Maßnahmen" Hinweise auf eine drohende Gefahr für den Politiker gehabt und deshalb zwischen 00.30 Uhr und 03.30 Uhr kurzfristig reagiert: In der Nähe des Hauses von Beisicht in Leverkusen stellte die Polizei zwei der vier Islamisten. Die beiden anderen seien bei Wohnungsdurchsuchungen in Essen und Bonn festgenommen worden. Zuvor habe die Polizei die Gruppe schon länger mit operativen Mitteln verfolgt, sagte Pannenbäcker. Sie sollen abgehört worden sein.

Keine Verbindung zu Bonner Bombenfund

Nach Angaben der Polizei gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass unter den Festgenommenen der Mann ist, der am 10. Dezember 2012 einen Sprengstoffanschlag auf den Bonner Hauptbahnhof verüben wollte und seither mit Hochdruck gesucht wurde. Die Bombe in einer Sporttasche auf dem Bahnsteig wurde zwar gezündet, detonierte aber nicht. In der Tasche war auch Ammoniumnitrat gefunden worden.

Konflikte wegen umstrittenen Mohammed-Karikaturen

Im vergangenen Jahr hatte es im Umfeld der öffentlichen Darstellung von Mohammed-Karikaturen durch Pro NRW im Internet gezielt Mordaufrufe gegen Mitglieder von Pro NRW gegeben. So hatte der im Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan lebende Islamist Yassin Chouka alias "Abu Ibrahim" in einem Video Glaubensbrüder aufgefordert: "So raten wir euch: Lauert und sucht einzelne Personen der Pro NRW im Geheimdienstverfahren auf, sammelt genug Informationen über ihre Wohnorte, über ihre täglichen Routen, ihre Arbeitsplätze. Und dann nach guten und ausreichenden Recherchen und einem strategischen Plan: Schlagt zu! Am besten im Schutz der Dunkelheit oder im Morgengrauen. Und dabei ist zu bevorzugen dass Ihr sie tötet, dass Ihr euren Propheten rächt, indem Ihr sie tötet."

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