Goldenes Sofa am Straßenrand

Emscherkunst-Projekt "Breaking New"

Goldstücke am Straßenrand

Stand: 13.05.2013, 15:59 Uhr

Was passiert, wenn Sperrmüll zur Kunst wird - mitten auf der Straße in Duisburg-Marxloh? Wenn aus Omas altem Sofa ein begehrtes Goldstück wird? Dieses gewagte Projekt ist Teil der im Juni startenden "Emscherkunst 2013". Die junge Künstlerin Anna Witt hat es jetzt vorgestellt.

Von Katja Goebel

Eine Straßenkreuzung mitten in Duisburg-Marxloh. Ein rotes Klinkerhaus mit bunten Scheiben - alt und schon lange verlassen. Wieder so ein Leerstand mitten in der Stadt. Doch dann fällt der Blick auf ein Möbelstück, das glänzend an der Hauswand lehnt. Ein Sofa mit goldfarbenem Bezug, das so gar nicht an diesen Ort passen will. Achtung Kunst! Und was für welche.

Dieses goldbezogene Prachtstück ist als Einladung zu verstehen, die Türen des alten Hauses zu öffnen und einzutreten. Denn hinter den vergilbten Scheiben und der provisorischen Tür versteckt sich eine Werkstatt. Hier entsteht ein Teil der diesjährigen Emscherkunst. Bereits im Kulturhauptstadtjahr 2010 feierte die ungewöhnliche Freiluftveranstaltung "Emscherkunst" Premiere. 40 Künstler bespielten damals mit ihren Ideen, Skulpturen und Konzepten einen öffentlichen Raum zwischen Recklinghausen und Oberhausen. Ab dem 22. Juni 2013 geht die Emscherkunst im Ruhrgebiet in die zweite Runde. Und auch Marxloh wird ein Ort der Kunst.

Design vor Ort

Anna Witt

Künstlerin Anna Witt

Der alte Klinkerbau ist dann die Spielwiese der Künstlerin Anna Witt, die mit ihrem Projekt "Breaking New" aus Sperrmüll Kunst-Objekte machen will. Doch eigentlich ist die 32-jährige Wienerin nur die Ideengeberin. Produziert wird die Kunst am Ende von freiwilligen Helfern aus dem Ruhrgebiet. Und das geht so: Ein Team aus 16 Leuten - Performer genannt - wird den Stadtteil einmal in der Woche mit Fahrrädern abfahren und nach Sperrmüll Ausschau halten. Hinter ihren Rädern werden sie mobile Werkbänke transportieren. Ist ein geeignetes Möbelstück gefunden - das kann ein kaputter Stuhl, ein Regalteil oder eine verkratzte Tischplatte sein - machen sich die Projektteilnehmer noch vor Ort mitten auf der Straße an die Aufbereitung und Veredlung des Mobiliars.

Der Clou der Geschichte: Das so entstandene Objekt bleibt einfach dort stehen, wo es zuvor gefunden worden. Und Künstlerin und Performer gucken, was damit passiert. Wie nehmen die Nachbarn das neue Möbelstück wahr? Wird darüber gesprochen? Wird das neue Design vor Ort genutzt? Oder nimmt einer das Kunstobjekt gleich mit nach Hause - auch gut und sogar ausdrücklich erlaubt. "Wir nehmen was und wir geben was", sagt Anna Witt, die anfangs staunte, was und vor allem wie viel die Leute im Ruhrgebiet auf den Sperrmüll werfen.

Neue Haut für alte Möbel

Frau betrachtet goldenes Sofa am Straßenrand

Anfassen erlaubt - mitnehmen auch

In einem Wokshop hat Anna Witt mit dem dänischen Designer-Kollektiv "Uglycute" die freiwilligen Helfer aus der Umgebung geschult. Zu dem mobilen Konstruktionsteam gehören nun Studenten, Schreiner, Polsterer aus der Umgebung, die sich für das Projekt begeistern konnten. Sie werden dafür sorgen, dass es in den Marxloher Straßen bald jede Menge Goldschätze zu finden gibt. Denn um die neuen Möbel vom Sperrmüll zu unterscheiden, bekommen sie eine neue Haut aus glänzendem Lycra-Stoff.

"Das Sofa, das wir heute Morgen für die Pressekonferenz vor die Tür gestellt haben, mussten wir schon bewachen", erzählt Anna Witt. Gleich mehrere Interessenten wollten das Glanzstück mitnehmen.

Noch mehr Kunst an ungewöhnlichen Orten

Das Kunst-Projekt von Anna Witt ist aber nur eines von vielen, das zwischen dem 22. Juni und 6. Oktober 2013 zu sehen sein wird. Die zweite Emscherkunst-Ausstellung lädt die Besucher ein, umsonst und draußen Kunst an ungewöhnlichen Orten im öffentlichen Raum zu entdecken. Rund 47 Quadratkilometer umfasst der Ausstellungsraum, der sich zwischen den Städten Duisburg, Dinslaken, Oberhausen, Essen, Bottrop und Gelsenkirchen spannt. Verwilderte Brachen, ehemalige Industrieorte und das Niemandsland zwischen Emscher und Rhein-Herne-Kanal werden dabei zur Bühne für internationale und nationale Künstler.

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