OECD-Studie beklagt mangelnde Förderung

Deutschland versagt bei Migrantenkindern

Stand: 15.05.2006, 16:31 Uhr

Migrantenkinder werden nirgendwo so schlecht gefördert wie in Deutschland. Dies geht aus einer neuen Sonderstudie der OECD hervor. Das Land, heißt es dort, sei weitgehend unfähig zur Integration.

Fast nirgendwo sonst seien die Unterschiede zwischen einheimischen Schülern und Migrantenkindern so groß - bei 15-Jährigen in Mathematik im Schnitt drei Jahre. Als Gründe nennt die OECD, dass in vielen Familien nicht deutsch gesprochen würde und man Ausländerkinder oft vorschnell auf die Hauptschule schicke. Diese verkomme so zu einer Restschule ohne Zukunftsperspektive. Als Folge verschlechterten sich hierzulande die Leistungen der Migrantenkinder, während sie in anderen Ländern besser würden. Die OECD-Untersuchung baut auf den Daten der weltweiten Pisa-Studie 2003 auf und vergleicht 17 Staaten, darunter Frankreich, Belgien, Holland und die USA.

Elternverband NRW: "Hier wird deutsch gesprochen"

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte bei der Vorstellung der Studie an, die Bildungschancen von Migrantenkindern zu verbessern. Die frühe Förderung müsse "hohe Priorität" haben, so Schavan. NRW -Schulministerin Barbara Sommer (CDU) sieht ihr Land bereits auf dem richtigen Weg. Man habe seit Pisa eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, so Sommer, "zum Beispiel die Sprachförderung von Vierjährigen und die Einrichtung von Ganztageshauptschulen."

Lehrer- und Elternverbände in NRW sind von der Studie indes nicht überrascht. So lasse sich im Ruhrgebiet sehr gut beobachten, "wie sich viele Migrantenfamilien von der deutschen Gesellschaft abkapseln", sagt Regine Schwarzhoff vom Elternverband NRW, "mit eigenen Geschäften und fremdsprachigen Fernsehprogrammen." Auf die Eltern könne man allerdings schlecht einwirken, so Schwarzhoff, dafür auf die Kinder. "Wir brauchen klarere Regeln. In den Schulen soll es heißen: Hier wird deutsch gesprochen."

GEW-NRW: "Deutsch alleine reicht aber nicht"

Auch der Vorsitzende des Philologenverbandes NRW sieht das so. "Von der Sprache hängt alles ab", sagt Peter Silbernagel. Wer die Sprache nicht versteht, könne auch keine Mathematik begreifen. Allerdings plädiert er dafür, die Eltern stärker einzubeziehen. "Auf Elternabend muss angesprochen werden, wie wichtig Sprachvermögen ist." Er sieht allerdings bereits Verbesserungen: So begrüßt Silbernagel den Gesetzentwurf der Landesregierung, Vorschulkinder auf ihre Sprachfähigkeiten zu testen. "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung."

"Deutsch alleine reicht aber nicht", entgegnet Andreas Meyer-Lauber von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in NRW. Bevor Migrantenkinder die deutsche Sprache lernen, sollten sie zunächst ihre Muttersprache perfektionieren, so Meyer-Lauber. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Kinder zweisprachig aufwachsen. Sonst geht es nicht." Dem Gewerkschafter ist seit der letzten Pisa-Erhebung 2003 in Deutschland und NRW ohnehin zu wenig passiert. "Änderungen werden zwar angekündigt, geändert hat sich aber nichts."