NRW-Integrationsminister Armin Laschet

Laschet wirft seiner Partei "Realitätsverkennung" vor

CDU-Minister für mehr Einbürgerungen

Stand: 16.04.2006, 10:48 Uhr

NRWs Integrationsminister Armin Laschet will, dass mehr in Deutschland lebende Ausländer eingebürgert werden. Eingebürgerte Zuwanderer, so hätten Untersuchungen ergeben, haben eine bessere Schulausbildung und finden schneller einen Job.

Der Minister stützt seinen Appell nach Angaben seiner Sprecherin auch auf eine Auswertung des so genannten Mikrozensus, die das statistische Landesamt im Auftrag der Behörde durchgeführt hatte. Danach verfügen eingebürgerte Zuwanderer über eine bessere Schulausbildung, qualifiziertere Jobs und seien seltener arbeitslos als nicht Eingebürgerte.

Allerdings hätten sie weiter mehr Schwierigkeiten als gebürtige Deutsche, erläuterte die Ministeriumssprecherin. Derzeit leben im Land rund 1,9 Millionen Ausländer und rund 556.000 eingebürgte frühere Ausländer. Jede Einbürgerung sei "ein Integrationserfolg", sagte Laschet. Die neuen Staatsbürger zeigten, dass sie "Parallelwelten" verlassen wollten.

Vorwürfe an die eigene Partei

Hart ins Gericht geht Armin Laschet mit der Integrationspolitik seiner eigenen Partei. "Auch die Union hat Fehler gemacht", sagte der Minister und warf seinen Parteifreunden schlichtweg "Realitätsverkennung" in der Integrationspolitik vor. "Wir haben zu spät erkannt, dass wir de facto ein Einwanderungsland sind", sagte er der Frankfurter Rundschau (Samstagsausgabe, 15.04.2006). Man habe "wichtige Jahre verloren".

Grundbotschaft: Ihr seid willkommen

Auch nicht viel abgewinnen kann der nordrhein-westfälische Integrationsminister den Unions-Forderungen nach schärferen Sanktionen gegen Ausländer. Menschen abzuschieben, die in Deutschland geboren sind, ist für ihn der falsche Weg. Man könne auch 60-jährigen Einwanderern, "die ganz bewusst aus bildungsfernen Schichten zu uns geholt worden sind, keine Deutschtests mehr abverlangen". Die Grundbotschaft an Migranten müsse vielmehr lauten: "Ihr seid willkommen. Wir brauchen euch." Ähnlich sieht das der designierte SPD-Chef Kurt Beck. Wer als Politiker nur auf Druck und Sanktionen setze, löse Verweigerung aus.

Laschets Chef, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), will dagegen härtere Bedingungen für den Aufenthalt von Ausländern durchsetzen. "Ich bin dafür, bei der Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsgenehmigungen stärker als bisher zu berücksichtigen, ob der Zuwanderer erfolgreich einen Integrationskurs absolviert hat", wird Rüttgers in der Westfalenpost vom Samstag (15.04.2006) zitiert.

"Integration lässt sich nicht überstülpen"

Unterdessen kritisierte der deutsch-türkische Verein Eurotürk die aktuelle Integrationsdebatte. Eine bessere Integration von Ausländern könne nicht verordnet werden, sagte er in einem Gespräch mit der dpa. Deutsche und Ausländer müssten in kleinen Schritten aufeinander zugehen, sagte Eurotürk-Geschäftsführer Reiner Bertrand. "Jeder Deutsche hat seinen Mustafa oder seinen Ali, den er schätzt." Trotzdem beginne die Ausgrenzung schon im Kindergarten, wenn ein türkisches Kind als einziges nicht zum Kindergeburtstag eingeladen werde.

Die Integrationsdebatte gehe an vielen Menschen türkischer Herkunft vorbei. "Integration lässt sich nicht von oben überstülpen", sagte Bertrand. Auch die häufig genannte Forderung, Migranten sollten Deutsch lernen, reiche nicht aus, um die Kluft zu überwinden. Entscheidend sei der persönliche Umgang miteinander. Wenn Türken merkten, dass sie nicht akzeptiert würden, zögen sie sich zurück. "Das ist nicht ihr Wesen, sie sind herzlich und freundlich", sagte Bertrand.

In dem Aachener Verein Eurotürk bemühen sich Türken und Deutsche seit zehn Jahren um eine bessere Integration. Durch den Einsatz von Paten wurde die Quote von türkischen Lehrlings-Abbrechern nach Vereinsangaben deutlich gesenkt.