Gutachten verhindert schnelles Verfahren

Partei "Die Rechte" wird vorerst nicht verboten

Stand: 19.11.2015, 17:19 Uhr

  • Gutachten sieht keine Möglichkeit für ein schnelles Verbot nach dem Vereinsrecht
  • Innenminister Jäger hatte juristische Überprüfung in Auftrag gegeben
  • Verbot nur über aufwendiges Verfahren auf Bundesebene möglich

Von Christian Wolf

Schon seit Längerem haben die Sicherheitsbehörden die rechtsextreme Partei "Die Rechte" im Visier. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) würde die Gruppierung gerne verbieten. Die Hoffnung auf einen schnellen Erfolg muss der SPD-Politiker nun vorerst begraben. Denn ein vereinsrechtliches Verbot der rechtsextremen Gruppierung ist juristisch nicht zulässig. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten, das von der Landesregierung beauftragt wurde. Innenminister Jäger gab das am Donnerstag (19.11.2015) in Düsseldorf bekannt. Ein Verbot rückt damit in weite Ferne.

Gutachten: "Die Rechte" erfüllt Rechtsstatus einer Partei

In dem Gutachten wird der Frage nachgegangen, ob "Die Rechte" als Nachfolgeorganisation bereits verbotener Vereine und rechter Kameradschaften betrachtet werden kann. In diesem Fall wäre ein schnelles Verbotsverfahren möglich gewesen. Das nun vorgelegte Gutachten kommt aber zu einem anderen Schluss. "'Die Rechte' erfülle, trotz ihrer offensichtlich rechtsextremistischen Gesinnung, Parteimerkmale und habe damit auch den Rechtsstatus einer politischen Partei", erläuterte das Ministerium das Ergebnis des Gutachtens. Somit bleibt nur das übliche und langwierige Parteiverbotsverfahren, wie es momentan gegen die NPD läuft. Solch ein Vorhaben kann aber nur durch den Bundestag, den Bundesrat oder die Bundesregierung initiiert werden. Zudem sind die Hürden für einen erfolgreichen Abschluss sehr hoch.

Jäger spricht von "geistigen Brandstiftern"

Innenminister Jäger hatte das Rechtsgutachten im Sommer angekündigt und für den Fall, dass es die Partei als Nachfolgeorganisation einstuft, ein schnelles Handeln versprochen. Schon 2013 hatte es ein ähnliches Rechtsgutachten gegeben, das zu dem gleichen Schluss gekommen war: Kein schnelles Verbot. Nach Angaben eines Ministeriumssprecher habe man nun sichergehen wollen und prüfen lassen, ob das Ergebnis von damals noch Bestand habe. Das neuerliche 'Nein' ist ein Rückschlag für den SPD-Politiker. An der grundsätzlichen Einschätzung hält Jäger aber fest. "Die Mitglieder von 'Die Rechte' sind geistige Brandstifter, die aggressiv-kämpferisch auftreten und versuchen, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben", sagte Jäger. Vor allem der Kreisverband Dortmund versuche, mit gezielten Provokationen immer wieder Journalisten, Politiker und Privatpersonen einzuschüchtern.

Als Beispiele nennt der Innenminister unter anderem die sogenannten Weihnachtsbesuche aus dem Jahr 2012, bei denen Kundgebungen vor den Wohnungen von Politikern stattfanden. Seit 2015 organisiere die Vereinigung zudem zahlreiche offen fremdenfeindliche Demonstrationen im Umfeld von geplanten Flüchtlingsunterkünften. Der stellvertretende Landesvorsitzende vertreibe obendrein Sturmhauben, Pfefferspray und Aufkleber mit dem Slogan "Asylheime dichtmachen" über einen Versandhandel. Im Dortmunder Stadtrat ist "Die Rechte" seit 2014 vertreten und sorgt immer wieder für Skandale - unter anderem mit der Anfrage, wie viele Juden in der Stadt leben und wo sie wohnen.

Verfassungsschutz hat "Die Rechte" im Visier

Vorerst strebt die Landesregierung kein Parteiverbotsverfahren über den Bundesrat an, wie ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage mitteilte. Zunächst solle das Ergebnis des NPD-Verfahrens abgewartet werden, das derzeit beim Bundesverfassungsgericht läuft. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht ist der Gruppierung ein eigenes Kapitel gewidmet. Darin heißt es über den im September 2012 gegründeten Landesverband: Er sei "vor allem ein Sammelbecken von Neonazis, die aus den 2012 verbotenen Kameradschaften stammen". Die Führung sei von langjährigen Aktivisten übernommen worden, die bereits Führungsaufgaben in den damaligen Kameradschaften innehatten. Ziel des Landesverbandes sei es, "die bisherigen neonazistischen Aktivitäten nunmehr im Schutz des sogenannten Parteienprivilegs aus Art. 21 GG zu betreiben und neonazistische Propaganda zu verbreiten". Dabei zeichne sich die Partei durch eine "ideologische Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus und aggressiv-kämpferisches Auftreten auf". Der Verfassungsschutz geht von rund 280 Mitgliedern in NRW aus - mit steigender Tendenz.