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Es ist fast eine kleine Sensation, dass die "Allianz pro Schiene" auf ihren Testreisen durchs Land in Nordrhein-Westfalen einen preiswürdigen Bahnhof gefunden hat. Noch im letzten Jahr hieß es, dass die Bahnhöfe in NRW schlecht gepflegt seien. Dreck und Schmutz seien ein großes Problem. Jetzt ist die Jury doch fündig geworden – im westfälischen Steinheim. Die 13.000-Einwohnerstadt im Weserbergland beheimatet nach Angaben der Tester nichts weniger als den "König der S-Bahnhöfe".
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Wer hier ankommt, kann sich offensichtlich freuen
Der kleine Bahnhof hat lediglich zwei Bahnsteiggleise und zählt täglich eine überschaubare Anzahl von rund 600 Besuchern. Denen wird nach Auffassung der Jury jedoch weit mehr als die notorischen zwei Wartehäuschen geboten: Einen gerade an kleinen Bahnhöfen längst nicht mehr üblichen Fahrkartenschalter, einen Fahrradkeller samt Ladestation für E-Bikes, ein Lädchen für Reisebedarf und Verpflegung und ein großes, einladendes Restaurant mit Biergarten. "Das geniale Konzept dieser Anlage sorgt dafür, dass immer Menschen da sind. Dieser Bahnhof aus dem Off ist ein Bekenntnis zur Ankommenskultur", so die Begründung der Jury. Lobende Erwähnung findet auch das ungewöhnliche Angebot für Fahrrad-Touristen: Ein Trockenraum für durchgeschwitzte Trikots.
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Die "Allianz pro Schiene" versteht sich als Bündnis zur Förderung des umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In dem Bündnis haben sich 23 Organisationen zusammengeschlossen: die Umweltverbände BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe und NaturFreunde Deutschlands, die Verbraucherverbände Pro Bahn, DBV und VCD, die Automobilclubs ACE und ACV, der Bundesverband CarSharing bcs, der Fahrradclub ADFC, die zwei Bahngewerkschaften EVG und GDL, die Konferenz für kirchliche Bahnhofsmission, die Eisenbahnverbände BDEF, BF Bahnen, FEANDC, VBB und VDEI sowie die Technische Hochschule Wildau, die TH Mittelhessen, die FH Aachen und die TU Berlin. Unterstützt wird das Schienenbündnis von mehr als 130 Unternehmen der Bahnbranche.
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Erstmals ein NRW-Bahnhof als Preisträger
Damit ist zum ersten Mal, seit die "Allianz pro Schiene" den "Bahnhof des Jahres" kürt, ein nordrhein-westfälischer Bahnhof unter den Preisträgern. Während andere Bundesländer den Preis seit 2004 bereits mehrfach gewonnen haben, ist NRW bisher immer leer ausgegangen. Mecklenburg-Vorpommern dagegen beherbergt mit Heringsdorf und Schwerin bereits zwei Bahnhöfe des Jahres. Jetzt kommt ein weiterer dazu. Denn neben Steinheim wird auch der Bahnhof Stralsund ausgezeichnet. Hier hat die Jury vor allem das "aufmerksame und höfliche" Sicherheitspersonal beeindruckt. "Der Fahrgast fühlt sich wahrgenommen, im positivsten Sinne des Wortes", so das Statement.
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Steinheim, "König der S-Bahnhöfe"
Als "König der S-Bahnhöfe" wird Steinheims Station von der Jury bezeichnet. Wir haben uns die Majestät näher angeschaut.
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Zwei Millionen Euro in Steinheim investiert
Im Lauf der Jahre ist die Messlatte für die Siegerbahnhöfe nach Angaben der "Allianz pro Bahn" immer höher gelegt worden. Anhand einer Checkliste besichtigt die Jury die Bahnhöfe und überprüft unter anderem die Sauberkeit vor Ort, die Kundeninformationsmöglichkeiten am Bahnhof, die Verknüpfung mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die Barrierefreiheit. "Nicht Größe oder monumentale Architektur zählen, sondern allein die Kundennähe", so der Verband. Im Fall von Steinheim konnte die Stadt offensichtlich auch von der sogenannten "Modernisierungsoffensive 2" profitieren. Seit 2009 wurden im Rahmen dieser Maßnahme 108 kleine und mittlere Bahnhöfe in NRW aus- und umgebaut. Die Finanzierung erfolgte durch Mittel von Bund und Land sowie durch die Deutsche Bahn.

Aufzüge für die Barrierefreiheit
In Steinheim wurden rund 2,4 Millionen investiert. Dabei wurde vor allem an die Barrierefreiheit gedacht. Die Bahnsteige wurden von auf 38 auf 76 Zentimeter erhöht, ein Fahrstuhl und Rampen neu gebaut. Dazu erhielt der Bahnhof ein taktiles Leitsystem für Sehbehinderte. Am Dienstag (23.08.2016) wird die erneuerte Gesamtanlage nun feierlich in Betrieb genommen. Auch NRW-Verkehrsminister Groschek (SPD) reist an, um an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Gleichzeitig wird er nun die Ehre haben, eine Messingtafel zu enthüllen, die zum ersten Mal einen Bahnhof in NRW als "Bahnhof des Jahres" auszeichnet.
Mehr als 100 Bahnhöfe mangelhaft
Ob in den nächsten Jahren weitere NRW-Bahnhöfe diese Auszeichnung erhalten, ist fraglich. Denn viele Bahnhöfe im Land befinden sich weiterhin in einem mangelhaften Zustand. Das hat unter anderem der Qualitätsbericht Schienenpersonennahverkehr für das Jahr 2015 festgestellt. Dieser wird im Auftrag vom Nahverkehr Rheinland, Verkehrsverbund Rhein Ruhr und Nahverkehr Westfalen-Lippe herausgegeben und ist erst vor wenigen Wochen erschienen. Das Ergebnis: Mehr als 100 Bahnhöfe sind beim Qualitäts-Check durchgefallen.

Es gibt noch viele marode Bahnhöfe im Land
Dabei hatten die Tester einiges zu bemängeln: Zu wenig Licht in Bahnunterführungen, defekte Aufzüge, nicht funktionierende Anzeigen und dreckige Bahnhofsanlagen. Um dem zumindest teilweise abzuhelfen, hat das Land in diesem Jahr eine weitere Modernisierungsoffensive angekündigt: 35 Bahnhöfe sollen kundenfreundlicher und barrierefrei gestaltet werden; darunter die in Münster, Mönchengladbach, Paderborn und Lünen. Bis sich an den Bahnhöfen jedoch spürbar etwas ändert, müssen Bahnreisende Geduld mitbringen. Die Baumaßnahmen können sich bis zum Jahr 2023 hinziehen.
Stand: 22.08.2016, 14:20