1. Intendantin Katrin Vernau zieht erste Bilanz

„Wer Ausrufezeichen setzen möchte, muss damit beginnen, Fragen zu stellen.“ Mit diesem Gedanken beschrieb Dr. Katrin Vernau ihren Amtsantritt als neue Intendantin des WDR. Seit ihrem Start lege sie großen Wert auf einen offenen und intensiven Austausch mit allen Bereichen des Hauses. Ihr Ziel: ein fundiertes Verständnis für die aktuellen Herausforderungen, Entwicklungen und Bedürfnisse innerhalb des Senders zu gewinnen – als Grundlage für zukunftsfähige Entscheidungen.
Im Zentrum ihrer bisherigen Arbeit steht eine klare strategische Ausrichtung: Der WDR soll zur „Digitalen Heimat des Westens“ weiterentwickelt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, betonte Vernau im Rundfunkrat die zentrale Bedeutung von Glaubwürdigkeit, Nähe und Vertrauen. Insbesondere das Vertrauen des Publikums müsse ausgebaut werden – nicht zuletzt durch eine stärkere Partizipation. Ein wesentlicher Aspekt dieser Strategie sei es, die Perspektiven der Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Programmentwicklung einzubeziehen. Die Intendantin verweist in diesem Zusammenhang auf Formate wie die „Lokalzeit Stadtgespräche“, die den direkten Dialog mit dem Publikum ermöglichen. Sie seien ein Beispiel dafür, wie der WDR als öffentlich-rechtlicher Sender seine regionale Verankerung stärken und gleichzeitig innovative Wege der Teilhabe gestalten könne.
2. Mehrere Programmbeschwerden abgelehnt
Der Rundfunkrat hat über sechs Programmbeschwerden abschließend entschieden und konnte in keinem Fall einen Verstoß gegen die gesetzlichen Programmgrundsätze des WDR feststellen.

Drei Beschwerden betrafen Ausgaben der „Carolin Kebekus Show“ aus Oktober und November 2024: In einem Fall wurde kritisiert, dass eine Textzeile in einem Lied über Thomas Gottschalk altersdiskriminierend sei, welche der Rundfunkrat hingegen als überspitzte, aber sachbezogene Kritik im Rahmen des satirischen Beitrags bewertete. In einem anderen Fall wurde die Kritik der Moderatorin an der Wiederwahl des US-Präsidenten Trump, ebenfalls in einem Lied, das Zeigen des Mittelfingers mit dem Studiopublikum und die Bezeichnung als „Horrorclown“ als unangemessen empfunden, vom Rundfunkrat aber als legitime satirische Meinungsäußerung gewertet. Schließlich wurde ein Lied kritisiert, das die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen thematisiert. Hier betonte der Rundfunkrat, dass das Lied die Selbstbestimmung von Frauen unterstütze und sich nicht gegen ungeborenes Leben richte. Insgesamt bestätigte der Rundfunkrat, dass sich die Sendungen allesamt im Rahmen der Satirefreiheit bewegten.

Die vierte Beschwerde bezog sich auf einen Beitrag von „Quarks“ aus März 2021, der Gendersprache thematisiert. Der Beschwerdeführer bemängelt, dass die Redaktion bei der Darstellung von Forschungsergebnissen zum Thema nicht sorgfältig genug vorgegangen sei und dass die im Beitrag zitierten Studien logische Fehler enthielten, die entweder übersehen oder absichtlich nicht erwähnt worden seien. Aufgrund eines langwierigen Schriftwechsels zwischen dem Beschwerdeführer und dem WDR kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung der Programmbeschwerde. Das Gremium kritisierte diese Verzögerung, schloss sich der inhaltlichen Kritik jedoch nicht an.

Die fünfte Beschwerde betraf die Sendung „maischberger“ vom 18. September 2024. Darin ging es unter anderem um die Lieferung von Langstreckenraketen an die Ukraine. Der Beschwerdeführer kritisierte, dass ein Originalvideo von „Russia Today“ mit einer Aussage Putins gekürzt gezeigt wurde. Der Rundfunkrat folgte der Einschätzung der Intendantin, dass das Video die Position Putins, der die Lieferung von Langstreckenwaffen an die Ukraine als Beteiligung der NATO am Krieg sieht, korrekt darstelle, ohne sich diese Position zu eigen zu machen.
Die letzte Beschwerde betraf die „Aktuelle Stunde“ vom 1. Dezember 2024, in der es um den Beitrag „EU – ja oder nein? Zerreißprobe in Georgien“ ging. Der Beschwerdeführer empfindet den Beitrag als tendenziös und einseitig, insbesondere weil die Partei „Georgischer Traum“ fälschlicherweise als antieuropäisch oder prorussisch dargestellt worden sei. Der WDR hatte auf das Schreiben des Beschwerdeführers nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten geantwortet. Deshalb durfte sich der Beschwerdeführer direkt an den Rundfunkrat wenden. Dieser kritisierte die späte Reaktion des WDR, hielt den Beitrag inhaltlich aber für unproblematisch.
3. Finanzbedarfsanmeldung bei der KEF

Gisela Hinnemann, die Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses (HFA), informierte den Rundfunkrat, dass die diesjährige Anmeldung bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) unter besonderen Vorzeichen stand. Ein entscheidender Aspekt sei, dass die Politik die letzte Beitragsempfehlung der KEF nicht umgesetzt habe. Normalerweise zieht die KEF in sogenannten Zwischenberichten eine Bilanz, um zu prüfen, ob ihre aktuelle Beitragsempfehlung angemessen ist. Nun fallen die laufende Verfassungsbeschwerde der Rundfunkanstalten und die ausgebliebene Beitragserhöhung mit der Vorbereitung für den nächsten KEF-Bericht zusammen.
Dass der von den Ministerpräsidenten der Länder Ende letzten Jahres beschlossene Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bereits Spar-Auswirkungen in der aktuellen Beitragsperiode bis 2028 haben könnte, hält Hinnemann für unwahrscheinlich. Die KEF habe in einem Sondergutachten festgestellt, dass bis Ende 2028 keine wesentlichen Einsparpotenziale zu realisieren seien.
Der HFA sprach mit Verantwortlichen des WDR, um die wichtigsten Rahmenbedingungen und Herausforderungen für die Anmeldung des Finanzbedarfs zu erörtern. Gisela Hinnemann hob hervor, dass der WDR die Anmeldung ihrer Meinung nach sehr sorgfältig und verantwortungsbewusst erstellt habe. Der Sender habe zusätzliche Sparmöglichkeiten durch Zusammenarbeit berücksichtigt und mit dem Ausschuss bereits erreichte Einsparungen durch Zusammenlegungen sowie die Notwendigkeit weiterer Kostensenkungen diskutiert.
4. Bericht über Jugendschutz

Der Bericht des Jugendschutzbeauftragten Patrick Wagner für die Jahre 2022 und 2023 wurde vom Rundfunkrat zur Kenntnis genommen. Wagners Aufgabe liegt darin, die Redaktionen bereits bei der Erstellung von Inhalten mit Blick auf den Jugendschutz zu beraten. In seinem Bericht betonte er die hohe Bedeutung der Medienkompetenzvermittlung (präventiver Jugendmedienschutz) und stellte die entsprechenden Angebote des WDR sowie die Vernetzung innerhalb der ARD, mit dem ZDF und mit privaten Anbietern vor. Zum Portfolio des WDR zählt auch eine neue Angebotsfamilie „Medienkompetenz und Bildung“, bestehend aus den jeweils zuständigen Redaktionen. Im Ausschuss für Rundfunkentwicklung und Digitalisierung, der den Bericht vorberaten hatte, wurden darüber hinaus Themen wie die Auswirkungen des EU-Rechts auf den Jugendmedienschutz, die Wirksamkeit technischer Schutzmaßnahmen (repressiver Jugendmedienschutz) sowie künftige Anforderungen an die Alterskennzeichnung von Angeboten diskutiert.
5. Heike Meyer berichtet aus dem Programmausschuss der Deutschen Welle

Heike Meyer nimmt als Vertreterin aller ARD-Landesrundfunkanstalten mit beratender Stimme an den Sitzungen des Programmausschusses der Deutschen Welle (DW) teil. Im Mittelpunkt der Arbeit des Ausschusses stehen die Beratung der Programmausrichtung und die Qualitätssicherung. Besonderes Augenmerk, so Heike Meyer, habe der Programmausschuss auf die Berichterstattung über geopolitische Konflikte wie den Krieg in der Ukraine, den Nahostkonflikt und die humanitäre Krise im Sudan gelegt. Die DW setzt auf eine verstärkte internationale Präsenz, etwa durch die Berichterstattung über Wahlen, Sportereignisse und regionale Themen. Zudem nutzt sie verstärkt digitale Plattformen wie TikTok und Instagram, um vor allem junge Zielgruppen zu erreichen. Trotz zunehmender Zensur in vielen Ländern konnte die Reichweite bei 320 Millionen Nutzern pro Woche gehalten werden. Ein zentrales strategisches Thema ist der Umgang mit Desinformation und der Einsatz künstlicher Intelligenz. Darüber hinaus betont die DW die Bedeutung digitaler, sprachlich und kulturell vielfältiger Inhalte, um die globale Relevanz des Angebots weiter zu stärken. Insgesamt bleibt die Verbindung von globaler Perspektive, Innovation und Qualitätsjournalismus das Leitmotiv der strategischen Ausrichtung der DW.
6. Produktionsverträge genehmigt
Der Rundfunkrat hat den Produktionen „Die große Maus Show“ 2025, der Highlight-Serie „Westend Girl“, dem Fernsehfilm „Für Euch“ sowie der Hauptabendserie „In aller Freundschaft“ (Staffeln 29 und 30) zugestimmt. Produktionen, die den WDR mehr als zwei Millionen Euro kosten müssen zuvor vom Rundfunkrat bewilligt werden.
7. Ausblick
Die nächste Sitzung des WDR-Rundfunkrats findet am 28. Mai 2025 statt. Das Gremium tagt voraussichtlich im Wallraf-Richartz-Museum in Köln.