"Zuschauer erwarten hartnäckige Fragen"

Stand: 31.08.2017, 18:31 Uhr

Mehr als 1000 Sendeminuten Information widmet Das Erste der Bundestagswahl im Vorfeld des Wahlabends. Zu den verantwortlichen Programmmachern gehören zwei WDR-Journalistinnen und Chefredakteurinnen: Tina Hassel in Berlin und Sonia Seymour Mikich in Köln. Ein Interview über das am 3. September stattfindende TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz. Am Tag darauf folgt dann der TV-Fünfkampf nach dem Duell, den der WDR gemeinsam mit dem BR redaktionell betreut.

Linkspartei, Grüne und FDP forderten statt eines TV-Duells zwischen Kanzlerin und Herausforderer eine Debatte aller Spitzenkandidaten. Und Anfang Juli las das Wahlvolk die Schlagzeile "Merkel-Lager drohte mit TV-Duell-Boykott", weil man dem Wunsch der Sender nicht nachkommen wollte, jeweils ein Moderatorenpaar 45 Minuten arbeiten zu lassen, statt alle vier Journalisten von ARD, ZDF, RTL und SAT1 gleichzeitig. Welche "Aufreger"-Themen beschäftigen Sie wenige Wochen vor dem Wahlabend?

SONIA SEYMOUR MIKICH: Ich mag den Begriff "Aufreger-Themen" nicht. Wir setzen weder auf "Aufregung" noch auf unsere subjektive "Befindlichkeit", sondern wir orientieren uns daran, welche Entwicklungen und Wünsche die Bürger bewegen. Und wenn man die Deutschen nach ihren wichtigsten Problemen fragt, dann sagen die meisten, dass es das Themenfeld Einwanderung ist, als zweites werden soziale Ungerechtigkeit und Armut genannt, dann folgen Rente, Bildung, Arbeitsmarkt und Innere Sicherheit.

TINA HASSEL: Mich beschäftigt eher, dass dieser Wahlkampf so lauwarm ist. Es gibt keinen "wind of change". Deutschland scheint eingelullt in einer Wohlfühlblase. Nicht wenige Politikbeobachter hier in Berlin glauben, dass die wirkliche Aufregung erst nach der Wahl kommt. Bislang rackert sich der Herausforderer mit immer neuen Konzepten ab, die alle nicht wirklich zünden. Deshalb hofft Martin Schulz so auf das Duell, um im direkten Schlagabtausch Merkel endlich inhaltlich stellen zu können. Mal sehen, ob das gelingt.

Wie muss ich mir das vorstellen, wenn das Merkel- und das Schulz- Lager mit den Sendern die Modalitäten aushandeln? Wer sitzt da an einem Tisch?

HASSEL: Ganz nüchtern betrachtet stehen sich da zwei Seiten gegenüber, die nicht immer die gleichen Interessen haben. Und dann wird verhandelt – manchmal länger und härter als man am Anfang gedacht hätte. So war es dieses Mal mit der CDU. Interessanterweise ist das Konrad-Adenauer-Haus an diesen Verhandlungen nicht beteiligt, sondern das Kanzleramt.

MIKICH: Das ist wie Diplomatie. Beide Seiten bewegen sich langsam aufeinander zu. Für die ARD ist der Koordinator zuständig, der sich wiederum mit den Kollegen der anderen Sender abstimmt.

Sandra Maischberger vertritt die ARD in der Moderatorenrunde. Wie entstehen ihre Fragen? In Abstimmung mit Ihnen, Frau Hassel?

HASSEL: Sandra ist eine erfahrene politische Korrespondentin, die mit ihrem Team genau erarbeitet, was für sie die wichtigsten Fragen dieser Wahl sind. Inhaltlich wird das Duell in Themenblöcke aufgeteilt und innerhalb der Blöcke dann mit den anderen Moderatoren abgestimmt. Ich werde den "Bericht aus Berlin" am Tag des Duells ebenfalls aus Babelsberg senden. Die Stimmung dort wird super spannend sein. Vor allem für den Herausforderer geht es fast um alles oder nichts. Er verweist ständig auf das Duell, so sehr dass seine Berater
schon warnen, die Erwartungen nicht zu hochzuschrauben.

Wie erarbeitet man sich die Fragen vor solch hochkarätigen Politikerinterviews?

MIKICH: Wie bei jeder Talksendung gehört akribische Vorbereitung zu einer solchen Sendung – und natürlich überlegt sich ein Moderator im Vorfeld der Sendung, was Politiker auf Fragen antworten können und wie man wiederum darauf reagiert. Faktenkenntnisse und schnelle Reaktion unter Druck – kein einfacher Job!