Florian Quecke

"Programm lebt von Veränderung"

Stand: 09.07.2021, 18:15 Uhr

Nach der Sommerpause wird es Veränderungen bei Frau tv geben – in dem Zuge verabschiedet sich die Sendung auch von der Rubrik "Büchertipps von Christine Westermann". Welche Hintergründe diese Entscheidung hat und wie es dazu kam, erklärt Kulturchef Florian Quecke.

Warum haben Sie entschieden, die Büchertipps von Christine Westermann bei Frau tv aus dem Programm zu nehmen?

Florian Quecke: Programm lebt von Veränderung. Frau tv gibt es seit über 20 Jahren. Es hat in dieser Zeit immer wieder Veränderungen gegeben – und das war gut so. Die Redaktion hat sich zum Ziel gesetzt, das Frauenmagazin jetzt für die Zukunft neu aufzustellen. Dabei hat man sich Themen, Design, Erzählformen und eben auch Rubriken angeschaut. Frau tv soll künftig mehr Alltagsbegleiterin sein, will sich viel Zeit für persönliche Geschichten nehmen und Raum schaffen für neue Ideen und Umsetzungen. Die Weiterentwicklung der Sendung bedeutet leider auch, Abschied zu nehmen von bisherigen Programmteilen und Serien. So werden zum Beispiel die Buchtipps mit Christine Westermann nicht fortgesetzt. Die Rubrik gab es ca. alle vier Wochen – im Schnitt neunmal im Jahr. Christine Westermann wird aber weiterhin Bücher auf einem prominenten Sendeplatz für WDR 2 rezensieren und wie gewohnt im Wechsel mit anderen Moderator:innen samstags das beliebte WDR 5 Literaturmagazin präsentieren.

In der SZ heißt es, dass es eine Zuschauerbefragung gab. Ein Ergebnis: Die Zuschauer:innen interessieren sich nicht für Literatur. Welche Rolle spielte das bei der Neukonzeption?

Die Redaktion ist mitten in konzeptionellen Überlegungen. Dazu gehört auch, dass man sich den Blick von außen einholt. Zuschauer:innen-Befragungen gibt es übrigens regelmäßig für alle Sendungen und Formate im WDR. Bei dieser Befragung kam heraus, dass die Frau tv-Zuschauer:innen klassische Bücherbesprechungen in dieser Sendung nicht erwarten. Das Ergebnis bestätigte damit auch grundsätzliche Überlegungen der Redaktion. Um Literatur wird es bei Frau tv in Zukunft sicherlich auch bei entsprechenden Anlässen weiter gehen – dann aber eher aus anderen Perspektiven, z.B. im Form eines Autor:innen-Portraits.

Von der Kulturlobby wird dem WDR vorgeworfen, Literatur habe keinen Stellenwert mehr im WDR? Was sagen Sie dazu?

Literatur spielt im WDR eine sehr große Rolle – auf allen Radiowellen und in verschiedenen Fernsehformaten. Aktuelle Besprechungen über Belletristik oder Sachbücher wie die Literaturrezension gibt es täglich bei WDR 3 in den Sendungen „Mosaik“, „Kultur am Mittag“ und „Resonanzen“ sowie im täglichen Kulturmagazin „Scala“ auf WDR 5. Zu erwähnen ist außerdem die Büchersendung „Gutenbergs Welt“ auf WDR 3, in der sich am Samstag eine Stunde lang alles um Neuerscheinungen, Klassiker und Entdeckungen aus der Literatur dreht.

Aber auch in den Breitenprogrammen dreht sich viel um Literatur: 1LIVE gibt beispielsweise jeden Sonntag Autor:innen eine Plattform, um über ihre Bücher zu sprechen und aus den Werken zu lesen. WDR 2 hat jede Woche in „WDR 2 Loslesen!“ Buchhändler:innen aus NRW im Interview, die ihre jeweiligen Lieblingsbücher vorstellen. Bei WDR 4 wird u.a. jeden Dienstagvormittag ein Buch vorgestellt. COSMO plant zu besonderen literarischen Anlässen sogar Sondersendungen.

Und im WDR Fernsehen sind Bücher und Buchbesprechungen regelmäßig Thema in „Westart“. „Hier und heute“ hat eine neue Literaturrubrik „Lesezeichen“ gestartet, in der immer freitags Beststellerautor:innen vorgestellt werden. Darüber hinaus sendet der WDR zehn Mal pro Jahr das Literaturmagazin „Druckfrisch“ im Ersten mit Denis Scheck. Auch das Kulturmagazin „ttt - titel, thesen, temperamente“ bespricht in fast jeder Ausgabe aktuelle Bucherscheinungen.

Ich sehe die Literatur aber nicht nur im WDR Fernsehen und Hörfunk stark vertreten - es ist für uns auch ein extrem wichtiges Themenfeld für die Entwicklung digitaler Programmangebote. So sind wir gerade dabei, ein neues digitales WDR-Literaturformat zu entwickeln, das noch im Sommer starten soll.