Fritz Pleitgen im neuen WDR-Podcast: "Ich habe sehr viel Glück gehabt"

Stand: 08.12.2021, 11:11 Uhr

In einem Podcast mit Fragen von Jochen Rausch erinnert sich Fritz Pleitgen an die wichtigsten Stationen und Ereignisse seines Lebens.

Von WDR Kommunikation/Christian Gottschalk

Mit einem solchen Zeugnis, wie er eines hatte, sei wohl nie wieder jemand beim WDR eingestellt worden, erinnert sich Fritz Pleitgen: "Einzigartig, dass ein solcher Mensch nachher auch noch der Chef des Unternehmens geworden ist". Seine Stimme ist mit 83 Jahren etwas brüchiger als früher, aber der Sound trotzdem immer noch typisch Pleitgen, wie ihn Generationen aus dem Fernsehen kennen. In sieben Episoden, jede 40 bis 45 Minuten lang, erzählt der Journalist dem Kollegen Jochen Rausch, Programmchef von 1LIVE, WDR 2 und WDR 4 und Buchautor,  über die Stationen seiner ungewöhnlichen Karriere.

Bünde, Moskau, Ost-Berlin

Schon mit 14 Jahren schreibt der hochgewachsene Fritz Sportberichte für die Lokalausgabe Bünde der "Freie Presse Bielefeld". Er verlässt vor dem Abitur die Schule ("wir hatten uns auseinandergelebt"), wird Volontär bei der "Freien Presse". Für die ARD berichtet er später aus Moskau, Ost-Berlin und Washington, trifft Reagan und Breschnew. Für den WDR hebt er 1LIVE  aus der Taufe und wird schließlich Intendant des Senders. Zwischen 1993 und Ende 2006 moderiert er außerdem an 300 Sonntagen den Presseclub.

Bei sieben Treffen in Pleitgens Büro in Bergisch Gladbach gehen Rausch und Pleitgen jeweils eine Station seines Lebens durch. Von den Anfängen als Kriegskind im Revier bis zu seinem letzten Amt als Präsident der Deutschen Krebshilfe, das er, selbst 2020 an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt, bis 2021 ausübt. "Wir haben eins zu eins produziert. Ich wollte kein Gespräch führen, ich wollte, dass er seine Geschichte erzählt", sagt Jochen Rausch, "was ich toll finde bei ihm: Er formuliert druckreif, man hat keine Probleme bei der Nachbearbeitung".

Lust, seine Lebensgeschichte zu erzählen

Rausch ist in den 1990er Jahren Mitarbeiter bei Pleitgen. Zunächst für das Fernsehen, wo Pleitgen Chefredakteur des Programmbereichs "Politik und Zeitgeschehen" war. Als Pleitgen dann Hörfunkdirektor wird, geht Rausch mit. Er kennt ihn also ganz gut, diesen Herrn Pleitgen, der im WDR stets alle gesiezt hat, auch langjährige Wegbegleiter. "Ich bin zu 1LIVE gegangen", erzählt Rausch, "und er ist Intendant geworden. Wir haben uns aber nie aus den Augen verloren". Als Pleitgen diesen Sommer bei Jörg Thadeusz sein neues Buch "Eine unmögliche Geschichte. Als Politik und Bürger Berge versetzten" vorstellt, haben die beiden mal wieder Kontakt. Rausch hat eine Idee: "Ich habe ihn gefragt, ob er nicht Lust hätte, seine Lebensgeschichte zu erzählen." Pleitgen sagt ohne Umschweife zu. Das WDR-Kulturlabor unter Leitung von Wolfram Kähler übernimmt die Produktion.

Gute Nerven

Im Buch schreibt Fritz Pleitgen darüber, wie es zur Deutschen Einheit kam. Er gehört schließlich zu den wenigen Westdeutschen, die die DDR intensiv von innen kennengelernt haben. Im Podcast erzählt er unter anderem von diplomatischen Verwicklungen, die entstehen können, wenn ein halbwüchsiger Sohn beim Schulbesuch in Westberlin seinen Pass verliert und versucht, mit dem Fahrrad zurück nach Hause, in die Hauptstadt der DDR, zu kommen. Pleitgen hatte damals schon Erfahrungen mit sozialistischen Staaten. Zuvor war er als Korrespondent in Moskau gewesen. Eine der Kernkompetenzen für diesen Job: "Man glaubte, ich hätte sehr gute Nerven". Nie verliert Pleitgen sich beim Erzählen in Nostalgie, er setzt Ereignisse wie den Mauerfall stets in Bezug zur Gegenwart. Analytisch, mit journalistischem Blick und ohne Kitsch. "Er kann toll erzählen", sagt Rausch, "es hat mich an vielen Punkten berührt, dass er ein sehr persönliches Resümee zieht". So sagt Pleitgen in der letzten Folge: "Ich habe keinen Grund, mit meinem Leben zu Hadern. Ich habe sehr viel Glück gehabt."