Stopptanz im Sitzen – kreative Konzertideen der Musikvermittlung

Stand: 30.09.2020, 16:44 Uhr

Eine besondere Idee der WDR Musikvermittlung ermöglicht Konzerte für Kinder während der Corona-Zeit: Da für Kindertagesstätten und Schulen der Weg in die Konzertsäle oft nicht möglich ist, kommen Musiker*innen der WDR Orchester in kleinen Ensembles zu ihnen und geben Konzerte vor Ort.

Von Katrin Pokahr

Zweimal stampfen – rasseln! Zweimal stampfen – rasseln! 20 Kinderfüße und die Erwachsenenfüße von Kommissar Krächz trampeln rhythmisch auf den Holzboden. Elf selbstgebastelte Rasseln bewegen sich dazu. "Wer kann bis fünf zählen?", fragt Kommissar Krächz alias André Gatzke ins Publikum, und sofort recken sich die Hände in die Höhe. Auch Mats meldet sich: "Ich kann bis 100 zählen!" André Gatzke macht es schwieriger: "Könnt ihr denn auch auf Englisch bis fünf zählen?" Gemeinsam zählt er mit den Vorschulkindern des Evangelischen Kindergartens Rodenkirchen: "One, two, three, four…" Kontrabassist John Goldsby fällt mit ein: "Five!" und gibt das Stichwort für eines der bekanntesten Jazzstücke. Gemeinsam mit Billy Test am Klavier und Hans Dekker am Schlagzeug spielt er "Take Five". Die Kinder bewegen ihre Rasseln dazu.

Zum ersten Mal einen Kontrabass sehen

Den drei Musikern der WDR Big Band macht das Konzert sichtlich Spaß. "Wir spielen sehr gerne für Kinder!", sagt John Goldsby. "Es ist spannend, zu sehen, wie die Kinder auf die Musik reagieren, das hat eine ganz eigene Dynamik. Für viele ist es das erste Mal, dass sie einen Kontrabass sehen." Sein Bandkollege Hans Dekker ergänzt: "Es ist beeindruckend, diese Instrumente aus der Nähe zu sehen und zu hören. Manche Kinder sind zunächst ängstlich, da muss man aufpassen, dass es nicht zu laut wird." Auch Pianist Billy Test gefallen diese Konzerte, bei denen trotz der Abstandsregeln eine besondere Atmosphäre herrscht: "Ich finde es sehr cool! Kinder sind ein ganz anderes Publikum."

"Wir sind da! Und wir machen Musik für euch!"

"WDR macht Schule: Musik on Tour" heißt das Programm, mit dem die WDR Musikvermittlung auf die Veränderungen durch die Corona-Pandemie reagiert: "Die meisten Kitas und Schulen können zurzeit nicht an unsere Spielorte kommen, und für unsere Klangkörper sind normale Konzerte meistens in voller Besetzung nicht möglich", erklärt Mirjam von Jarzebowski, Redakteurin der WDR Musikvermittlung. "Trotzdem wollen wir an der musikalischen Bildung, die wir in NRW anbieten, unbedingt festhalten." Eine neue Strategie für die aktuelle Konzertsaison musste her: In kleiner Besetzung besuchen Ensembles von WDR Big Band, WDR Funkhausorchester und WDR Sinfonieorchester nun vermehrt ihr junges Publikum mit kurzweiligen Konzertprogrammen. Die Botschaft: "Wir sind da! Und wir machen Musik für euch!"

Finn, Hermine, Anni, Mats, Paul und die anderen sind nach anfänglicher Zurückhaltung schnell aufgetaut. Tanzen und Mitsingen ist in Konzerten derzeit nicht möglich, also fliegen sie mit den Händen zum "Hummelflug", machen Stopptanz im Sitzen zu "Take Five", während Moderator André Gatze umso wilder vor ihnen zappelt und ganz plötzlich anhält, sobald die Musik verstummt. "Den Kindern ist es wichtig zu sehen, dass man Spaß dabei hat", sagt Gatzke, bekannt als Kommissar Krächz aus WDR-Familienkonzerten und als Moderator von "Die Sendung mit dem Elefanten".

Ausgebucht: 35 Konzerte bis Jahresende

Sechs Ensembles der WDR-Orchester sind mit verschiedenen Programmen auf Tour. Meist geben sie drei oder vier Konzerte nacheinander, damit alle Kinder ein Konzert erleben können. Die Programme dauern rund 30 Minuten, damit zwischendrin ausreichend Zeit zum Belüften bleibt, und finden in Turnhallen, Aulen, Gemeindesälen oder auch unter freiem Himmel statt. Die 35 Konzerte, die bis Jahresende angeboten werden, waren im Nu ausgebucht. Ob sie 2021 weitergehen, wird entschieden, wenn absehbar ist, wie sich die Corona-Beschränkungen weiter entwickeln, sagt Mirjam von Jarzebowski.

Nach dem Konzert in Rodenkirchen sagt Hermine, ihr hätten die Tricks von André mit dem Skateboard am besten gefallen. Anni und Mats sind stolz, dass sie das Lied von Pippi Langstrumpf erkannt haben, bevor die Musiker es gespielt haben – nämlich an der Perücke von Krächz‘ Gehilfen Dr. Kläver. Finns Rassel hatte ein Loch und er hat die Reiskörner probiert, die rauskamen. Ferdi hat die Musik am besten gefallen. Die Instrumente werden bereits wieder in den Lkw geladen. Das nächste Konzertpublikum wartet schon.