In ihrem Film „Verschickungskinder – Missbrauch und Gewalt bei Kinderkuren“ arbeitet Lena Gilhaus ein verdrängtes Kapitel der Nachkriegsgeschichte auf. Ausgehend von den Erinnerungen ihres Vaters und ihrer Tante, die mit neun und sechs Jahren zu einer Kinderkur an die See verschickt wurden, beginnt sie zu recherchieren. Das Thema lässt sie nicht los, sie findet mehrere Protagonistinnen und Protagonisten, die schwer misshandelt, gequält und auch sexuell missbraucht wurden. Anhand von historischem Material, in dem die Vorzüge dieser staatlich angeordneten Kuren gepriesen werden, zeigt sie das Ausmaß des Leids und die Relevanz des Themas: Bis zu 600.000 Kinder jährlich wurden bis in die Achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts ans Meer oder in die Berge verschickt, um sie „aufzupäppeln“.
In der Jurybegründung heißt es: „Die Autorin hat hingeschaut, wo andere lange weggeschaut haben, und sich nicht gescheut, den Weg der Aufarbeitung zu gehen. Der Film beeindruckt durch den roten Faden seiner Recherche, die historischen Bilder für vergangene und erinnerte Situationen und durch eine nüchterne Sprache, die umso kraftvoller Missstände aufdeckt. Entstanden ist ein journalistisches Meisterstück, das auch durch seine Dramaturgie überzeugt. Gilhaus‘ Dokumentation gibt den Betroffenen endlich eine Stimme und hat auch nach der Ausstrahlung weitere schreckliche Erfahrungen von Zuschauerinnen und Zuschauern aufgedeckt.“
Das Team:
Kamera: Christof Hößler
Ton: Jürgen Filter
Schnitt: Kirsten Becker
Redaktion: Mathias Werth
Der Katholische Medienpreis wird seit 2003 jährlich von der Deutschen Bischofskonferenz zusammen mit der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten e. V. (GKP) und dem Katholischen Medienverband e. V. (KM.) ausgeschrieben. Ausgezeichnet werden Beiträge, die die Orientierung an christlichen Werten sowie das Verständnis für Menschen und gesellschaftliche Zusammenhänge fördern, das humanitäre und soziale Verantwortungsbewusstsein stärken und zum Zusammenleben unterschiedlicher Gemeinschaften, Religionen, Kulturen und Einzelpersonen beitragen. Die Preisverleihung findet am 12. November 2024 statt.
