50 Jahre Tor des Monats

"Das Tor des Monats gehört dem Publikum"

Stand: 24.03.2021, 12:00 Uhr

  • 557 Tore des Monats in 50 Jahren
  • Die älteste Publikumswahl im deutschen Fernsehen feiert Geburtstag
  • Jubiläums-Doku der Sportschau-Redaktion des WDR

Nach insgesamt 557 Toren des Monats feiert die älteste Publikumswahl im deutschen Fernsehen nun ihren runden Geburtstag. Wie hat alles angefangen: Gerhard Faltermeier fackelte gar nicht erst lange. Kurzer Anlauf, trockener Schuss, im rechten Torwinkel bleibt der Ball hängen. Sein Treffer am 28. März 1971, das 2:0 für Jahn Regensburg gegen den VfR Mannheim, wurde von den Zuschauer*innen der Sportschau zum ersten Tor des Monats überhaupt gewählt. Gewürdigt wird der Klassiker u.a. mit der Dokumentation "50 Jahre Tor des Monats – ReTORspektive" am 28. März um 18.30 Uhr im Ersten – unter Federführung der Sportschau-Redaktion des WDR.

Volltreffer: 600.000 Einsendungen bei der ersten Auswahl

Es muss irgendwann im Jahre 1970 gewesen sein, als er zur Berichterstattung über eine Partie der Premier League als Sportreporter für den WDR nach England gereist war, erinnert sich Klaus Schwarze, langjähriger Vize-Chef der Sportschau, heute. "Weil es damals kaum Leitungen gab, haben wir die Spiele bei der BBC vor Ort aufgezeichnet und bearbeitet." Am Samstagabend lief bei der BBC die Sendung „Grandstand“ mit einem Sport-Rückblick vom Wochenende, der mit der Szene des Tages endete.

"Es war nicht abzusehen, was damals in der Sportschau losgetreten wurde", sagt "Tor des Monats"-Erfinder Klaus Schwarze.

"Da aber Fußball als populärster Sport gar nicht darin auftauchte, kam mir die Idee, so etwas auch mit besonders schönen Toren anzubieten", sagt Klaus Schwarze. Wieder zurück in Köln offenbarte der Reporter der Redaktion stolz seinen Vorschlag, blieb nach anfänglicher Ablehnung hartnäckig und erinnerte die Redaktion während einer sportlich ereignisarmen Zeit wieder an seine Idee. Die dann den Weg ins Programm fand. "Das war unser und mein Glück", sagt der heute 80-Jährige rückblickend. Für die erste Auswahl mit dem Faltermeier-Tor gab es auf Anhieb 600.000 Einsendungen, die Einbindung der Zuschauer*innen war ein voller Erfolg. "Es war nicht abzusehen, was damals in der Sportschau losgetreten wurde", schmunzelt Klaus Schwarze. "Ich hätte nie gedacht, dass eine Sendeform so lange hält und immer noch erfolgreich ist. Das Tor des Monats ist inzwischen ein feststehender Begriff. Das macht einen stolz."

Medaille mit ganz besonderem Stellenwert

Die ersten Tore wurden zunächst stets unter Beteiligung des "Erfinders" ausgewählt, später entstand ein echter Ehrgeiz bei der Suche, es gab auch mal Vorschläge über das Hörensagen – und manches Mal musste bei der Auswahl auch Überzeugungsarbeit geleistet werden, welches Tor denn nun zu den fünf schönsten zählte.

Im September 1974 die erste Torschützin des Monats: Bärbel Wohlleben mit ihrer Medaille

Auch die Übergabe der früher wie heute goldfarbenen Medaille hatte für viele Torschützen einen ganz besonderen Stellenwert. "Die Spieler haben sich dafür extra viel Zeit genommen", erinnert sich Klaus Schwarze. Wie Rainer Bonhof, Torschütze im Oktober 1978, der damals für den FC Valencia spielte und zusammen mit WM-Torschützenkönig Mario Kempes auf einem Eselkarren sitzend die Gewinner-Postkarten zog.

Apropos Postkarten: Für eine Siegerehrung in den USA blieben die beinahe mal am Flughafen von Miami hängen - dem amerikanischen Zoll waren die Postsäcke mit den Zahlen darauf nicht ganz geheuer. Viele Jahre lang wurden die Karten per Hand gezählt, anfangs von Häftlingen der JVA Klingelpütz, später von Schülern und Studenten. Seit 1996 läuft die Abstimmung digital.

Flugkurve, Fallrückzieher, trockener Schuss

Für die Dokumentation "50 Jahre Tor des Monats" (Redaktion: Johannes Krause und Christian Riewe, Archiv: Frank Müller) haben die Autoren Claus Lufen und Marc Schlömer unzählige Stunden recherchiert, Archiv-Material gesichtet, aber auch viele wunderschöne Tore gesehen. Dabei betrachten sie das Phänomen auch von der emotionalen,  wissenschaftlichen und physikalischen Seite. Um der Freude über ein Tor des Monats oder auch der speziellen Flugkurve für ein besonderes Tor auf die Spur zu kommen.

Tor des Monats im November 1977: Klaus Fischers berühmter Fallrückzieher

Bärbel Wohlleben war im September 1974 die erste Torschützin des Monats, Klaus Fischer mit seinem berühmten Fallrückzieher im November 1977 auch gleichzeitig der erste Torschütze des Jahrzehnts. Daneben haben die Autoren auch Jörg Burow vom FC Carl Zeiss Jena, den einzigen DDR-Torschützen, besucht. Der 1986 nicht ausreisen durfte, um seine Medaille in Empfang zu nehmen. Lukas Podolski, mit 12 Toren des Monats der mit Abstand erfolgreichste Schütze, ist ein weiterer Protagonist der Dokumentation. "Es war spannend zu hören, wie die Torschützen heute über ihr besonderes Tor von damals denken und ihre ganz persönliche Geschichte dazu verraten", erzählt Autor Claus Lufen.

Hohe Relevanz auch für Profis

"Das Tor des Monats gehört dem Publikum. Für uns in der Sportschau-Redaktion hat es eine sehr hohe Bedeutung, denn es ist eine Marke in der Marke", sagt Steffen Simon vom Leitungsteam der Sportredaktion. "Wir haben festgestellt, dass das Tor des Monats auch für die Beteiligten immer noch eine sehr hohe Relevanz hat, egal wie berühmt sie sind. Man merkt, dass es den Profis etwas bedeutet, wenn sie die Münze bekommen."

Addi Furler, Sportschau-Moderator der ersten Stunde, bei der Vorstellung des "Tor des Monats"

Auch die Zuschauer*innen dürfen sich einmal als Torschütze des Monats fühlen – beim Sportschau-Gewinnspiel: Die User*innen konnten im Rahmen einer Mitmach-Challenge berühmte Tore des Monats nachspielen - auf dem Platz, im Garten mit den Kindern oder auch beim Tipp-Kick. Die Resonanz war erstklassig – zahlreiche kreative und unterhaltsame Videos insbesondere auch von jungen User*innen wurden produziert. Fünf von der Redaktion ausgewählte Tore wurden am 27. März in der Sportschau präsentiert. In einem Voting auf sportschau.de wird das schönste Tor gewählt und am 3. April präsentiert.