Euro-Start für den WDR: Viele Tore und Emotionen

Stand: 14.06.2021, 12:15 Uhr

Drei Partien, zehn Stunden Programm – der erste lange Sendetag der ARD bei der Fußball-Europameisterschaft (13. Juni 2021) hatte neben drei spannenden Partien auch ein tragisches Thema: der Herzstillstand des dänischen Nationalspielers Christian Eriksen.

Der neue Fußballtag beginnt wie der vorherige aufgehört hat. Mit Gedanken an den schlimmen Moment im Stadion von Kopenhagen als Christian Eriksen im Spiel gegen Finnland in der 43. Minute plötzlich zusammenbricht. Auch auf der großen LED-Wand im Sportschau-Studio ist an diesem Sonntagvormittag der Mann mit der Trikotnummer 10 zu sehen. Und so muss am ersten langen Sendetag der ARD bei der Fußball-Europameisterschaft das sportliche Geschehen zunächst in den Hintergrund treten.

Es ist kurz vor halb eins. Im neuen, in Holzoptik gehaltenen Studio laufen die ersten Vorbereitungen. Kamerafahrten werden getestet, das Licht gecheckt, an der Seite groovt sich die Live-Band ein. David Bowies "Heroes" ist die erste Melodie des Morgens, im Studio herrscht entspannte Gelassenheit. "Pause bis 13.35 Uhr", verkündet deshalb die Regie. Nach der Übertragung des Eröffnungsspiels zwischen Italien und der Türkei stehen heute drei spannende Partien auf dem Programm: Ab 14.11 Uhr überträgt die ARD live, das Duell zwischen England und Kroatien macht um 15 Uhr den Auftakt.

Zwölf Fußball-Fans sind live dabei

Um 13.30 Uhr ist es so weit. "Echtes" Publikum betritt das Studio, die 41 Pappkameraden auf der Tribüne bekommen plötzlich Gesellschaft. Derzeit sind nur zwölf Fußball-Fans im Studio erlaubt,  der Alltag ist noch nicht vollständig zurück. So konnten Kommentator Gerd Gottlob und Assistent Tobias Blanck wegen der Delta-Variante des Coronavirus auch nicht nach London reisen.  Doch die Kommentatoren-Box im Studio bietet komfortablen Ersatz. Warm-Upper Thomas hat derweil einen leichten Job, der Fan genießt eben schnell die Rückkehr zur Fußball-Atmosphäre. Mit viel Applaus empfängt das glückliche Dutzend auch Moderator Alexander Bommes: "Wir freuen uns auf einen langen Tag mit drei Partien und tollen Experten". Almuth Schult, Stefan Kuntz und Prince Boateng bilden die kompetente Dreierkette neben Spielgestalter Bommes.

14.08 Uhr, die Regie meldet sich: "Die Tagesschau endet, jetzt noch zwei Trailer, dann geht’s los. Viel Vergnügen." Nach dem Euro-Vorspann begrüßt Bommes die Zuschauer, um schnell zum Thema des Tages überzuleiten, zu den Reaktionen auf den Zusammenbruch Eriksens. "Das ist vielleicht der größte Schockmoment in der EM-Geschichte gewesen." Das zeigt auch die Reaktion der Expert*innen, die der Vorfall stark ergriffen hat. Die Redaktion hat sich entschieden, kurze Schalten nach Kopenhagen und ins DFB-Quartier einzubauen.

Jens-Jörg Rieck ist dafür einen Tag länger in Kopenhagen geblieben,  berichtet von "Momenten der Menschlichkeit". Auch in Herzogenaurach bei der deutschen Mannschaft ist Christian Eriksen das Gesprächsthema Nummer eins, wie Lennert Brinkhoff vermeldet.

Erinnerungen an Wembley

Das erste Spiel des Tages rückt näher, das Wembley-Stadion hat nichts von seiner Faszination verloren. Auch für die Experten nicht. Für Almuth Schult war das Frauen-Länderspiel vor der Rekordkulisse von 77.000 Zuschauern eine wunderbare Erfahrung, für Stefan Kuntz der Ort des EM-Siegs 1996 inklusive Gratulation von der Queen. Und für Prince Boateng ist Wembley auch der Ort, an dem er 2010 mit einem bösen Foul die Nationalmannschaftskarriere von Michael Ballack beendete. "Ich möchte mit ihm einfach nochmal einen Kaffee trinken."

14.45 Uhr. Storymacher Marc Schlömer meldet sich mit den letzten Infos zum Spiel aus dem Wembley-Stadion, kurz darauf übernimmt Gerd Gottlob im Studio: "Ich habe einen Top-Platz, bin umzingelt von Experten – aber ein kleines bisschen lieber wäre ich doch im Stadion."

Beste Raumdeckung auf dem Sportcampus

Ortswechsel. Auf dem WDR-Sportcampus laufen die Fäden für die Online-Berichterstattung und in den Social-Media-Kanälen zusammen. Rund 50 Kollegen praktizieren hier beste Raumdeckung. Christian Wagner, Programmchef Fernsehen und Online, hat die drei Spiele an den drei Standorten im Blick. Und mit seinem Team auch schnell auf den Zusammenbruch Eriksens reagiert. "Wir sehen das heute als übergeordnetes Thema, wollen es immer wieder in die Berichterstattung einbauen." Gerade hat Wagner mit Florian Naß, Reporter des zweiten Sonntagsspiels zwischen Österreich und Nord-Mazedonien, telefoniert. Und ihn gebeten, im Gespräch mit seinem Experten Thomas Broich das Thema aufzugreifen – und auch die Entscheidung der UEFA, weiterzuspielen. Nach der Tagesschau am Abend wird sich auch noch einmal Jens-Jörg Rieck mit den neuesten Informationen vom Krankenhaus in Kopenhagen melden. "Es soll ein wiederholendes Element sein, denn es hat einen großen emotionalen Stellenwert", findet Wagner. "Bei allen Fußball-Fans ist es ein großes Thema. Auch in den sozialen Kanälen."

Denn Emotionalität findet dort schnell seinen Platz. Das kann Max Wöhr, Social Media-Redakteur des SWR und für die Dauer der EM auf dem Sportcampus im Einsatz, nur bestätigen: "Die Beiträge über Christian Eriksen wurden extrem viel geklickt." Heute kümmert sich Max Wöhr darum, dass gute Chancen und natürlich die Tore des Tages schnell auf Facebook, Instagram oder bei Youtube erscheinen.  "Möglichst fünf Minuten nach Spielende sollte auch der Bericht folgen." Nach einem Tor sind drei Minuten die Maxime. Viele Reaktionen bringt heute auch der Wunsch von Prince Boateng, sich mit Ballack auf einen Kaffee zu treffen.

Experten-Runde mit viel Fußball-Kompetenz

Im Sportschau-Studio ist die Partie in Wembley längst schon wieder Geschichte, die Konzentration gehört nun dem 18-Uhr-Spiel. Schult, Kuntz, Boateng und Moderator Bommes spielen sich in der Anmoderation und Pause weiterhin die Bälle zu. "Die drei sind mit viel Engagement und Liebe dabei", findet Alexander Bommes. "Es macht sehr viel Spaß, mit ihnen zu arbeiten." Das Publikum wechselt zwischendurch noch einmal, die Fußball-Kompetenz bleibt. "Alaba muss mehr über links kommen, zentral hinten in der Abwehr ist er verschenkt", findet Stefan Kuntz. In der 78. Minute bereitet der ehemalige Bayern-Star und Neu-Madrilene das entscheidende 2:1 vor – mit einer Flanke von der linken Seite.

Es ist kurz vor 20 Uhr, die Tagesschau ruft. Im Anschluss gibt es noch gute 20 Minuten Sendung live aus dem Studio. Bevor sich Moderatorin Jessy Wellmer und Experte Bastian Schweinsteiger zur Partie der Niederlande gegen die Ukraine live aus Amsterdam melden, übermittelt Jens-Jörg Rieck gute Nachrichten aus dem Krankenhaus in Kopenhagen: Eriksen ist auf dem Wege der Besserung. So bleibt also noch Zeit und Muße, die Chancen der DFB-Elf gegen Frankreich auszuloten. Schult blickt auf die Qualität von Keeper Neuer, Prince Boateng hofft auf den Teamgeist und Stefan Kuntz auf die Defensivlust. "Am Dienstagabend kommen wir aus dem Ungefähren heraus", versucht es Alexander Bommes eher diplomatisch. Um 20:31 Uhr heißt es dann: ab nach Amsterdam. Der lange ARD-Fußballtag endet aber erst nach Mitternacht – mit dem Sportschau-Club.