Von Bach zu Bernstein

Stand: 05.02.2016, 12:50 Uhr

Barocke Virtuosität, impressionistische Kinderlieder und Verbeugungen vor dem Jazz – alles an einem Abend? „Warum nicht?“, meint Wayne Marshall. Der Chefdirigent des WDR FUNKHAUSORCHESTER KÖLN setzt sich am 11. Juni nicht nur ans Klavier, sondern auch über musikalische Grenzen hinweg. Dabei überrascht er das Publikum mit Improvisationen.

„Seit ich Gershwins Klavierkonzert mit acht Jahren das erste Mal gehört habe, wusste ich: Ich habe eine spezielle Verbindung zu dieser Musik“, erinnert sich Wayne Marshall. „Vielleicht ist es die rhythmische Herausforderung. Der Jazz ist eine Sprache, die ich vollkommen verstehe und fühle.“ Seine Karriere startete der Brite an Orgel und Klavier. Und obwohl er heute große Orchester in ganz Europa und den USA dirigiert, tritt Marshall auch noch immer als Solist auf. Oft und gerne interpretiert er die Werke Gershwins oder Bernsteins. Für seine CD-Einspielung „A Gershwin Songbook“ wurde er mit dem ECHO ausgezeichnet.

Ein vielseitiger Mann

„Ich liebe das Dirigieren, aber ich fände es seltsam, mich auf diese eine Rolle zu beschränken“, sagt Marshall. Seit 20 Jahren ist der 55-Jährige "Organist in Residence" an der Bridgewater Hall in Manchester, konzertierte unter anderem in Notre Dame de Paris oder in der Londoner Westminster Abbey. „Als Pianist habe ich nicht so ein großes Repertoire, wie als Organist“, meint Marshall bescheiden, deshalb improvisiere er am Klavier am liebsten.

Am 11. Juni tut er das im Kölner Funkhaus mit Johann Sebastian Bachs „Passaglia C-Moll“, Liedern von George Gershwin sowie Themen aus Gershwins „Porgy and Bess“ und Leonard Bernsteins „West Side Story“. Außerdem auf dem Programm: Claude Debussys Liederzyklus „Children's Corner“. „Dieser Abend wird etwas ganz Besonderes“, ist sich WDR 3-Musikredakteur Michael Breugst sicher. „Und das nicht nur, weil ein Chefdirigent als Instrumentalist zu hören ist.“ Deshalb zeichnet WDR 3 das Konzert auf und sendet es Ende des Monats.

„Es ist alles gute Musik“

Mit ihren Jazzopern und Musicals, aus denen bekannte Songs wie „Summertime“, „It Ain’t Necessarily So“, „Maria“ oder „Somewhere“ stammen, haben Gershwin und Bernstein ein breites Publikum erreicht. Sie sind quasi Pop geworden. Auch wenn konservative Klassik-Fans aufstöhnen mögen: Für Wayne Marshall sind die beiden Amerikaner ebenso ernst zu nehmende Komponisten wie Bach oder Debussy. „Warum soll man sie nicht in einem Programm spielen? Es ist alles gute Musik, und ich hoffe, das Publikum weiß das zu schätzen.“


Sendung in WDR 3:
MI / 29. Juni / 20:05 - 22:00 / WDR 3 Konzert