Kinder setzen sich für ihre Rechte ein

Der Gemeindeverwaltung auf die Sprünge helfen

Kinder können aktiv werden und Einfluss auf kommunale Entscheidungen nehmen. Das zeigen zwei Beispiele: in Holzwickede engagierten sich Kinder für eine Bibliothek, in Alfter retteten sie ihren Spielplatz.

Eine Bücherei für Holzwickede

Sarah (damals zwölf Jahre) aus Holzwickede kam auf die Idee, einen Kinderstadtplan für ihre Gemeinde zu entwerfen, weil sie mit dem "normalen" Stadtplan nicht zurechtkam. Sarah zeichnete auf ihrem Stadtplan nicht nur Rad- und Gehwege ein, Ampeln und gefährliche Verkehrspunkte, sondern vermerkte auch Freizeiteinrichtungen für Kinder.

Bei Spielplätzen beschrieb sie außerdem die vorhandenen Geräte, so dass Kinder erkennen konnten, ob ein Spielplatz eher für Kleinkinder oder mehr für ältere Kids geeignet ist. Die Gemeinde Holzwickede ließ den bunten Kinderstadtplan drucken und verteilen.

Als Sarah auf ihrem Plan die Bücherei einzeichnete, wusste sie nicht, dass es noch Jahre bis zu deren Eröffnung dauern würde, ja dass zwischenzeitlich sogar die Einrichtung der Bücherei zu scheitern drohte.

Sarah und ihre jüngere Schwester Verena fanden, dass sie und die anderen Kinder der Gemeinde lange genug auf die Eröffnung der Bücherei gewartet hatten. Sie kämpften für ihr Recht auf Information und Bildung durch Lesen: Kurzerhand sammelten sie Unterschriften, um ein Mitglied des Gemeinderates, das gegen die Bücherei stimmen wollte, von der Wichtigkeit der Einrichtung zu überzeugen. Mit Erfolg, die Bücherei existiert noch heute.

Den Lieblingsspielplatz erhalten

Fünf Mädchen aus Alfter, Melanie, Elisa, Madeleine, Ariane und Petra (damals zehn bis elf Jahre alt) engagierten sich 1996 ebenfalls spontan für ihre Interessen: Sie wollten nicht länger zusehen, wie ihr Lieblingsspielplatz, der von vielen Kindern besucht wird, langsam aber sicher verfiel.

Die Spielgeräte wurden vor allem von Jugendlichen mutwillig zerstört, hatten die Mädchen beobachtet. Sie sammelten Unterschriften für den Erhalt des Spielplatzes und erlebten dabei auch bittere Erfahrungen: Manche Erwachsene knallten ihnen die Tür vor der Nase zu, ohne sich ihr Anliegen überhaupt anzuhören. Die Liste überreichten die fünf Schülerinnen dann bei einer öffentlichen Anhörung der Bürgermeisterin.

Eines der Mädchen meldete sich zu Wort und erklärte das Problem dem versammelten Rat von Alfter. Dieser versprach, den Spielplatz instand zu setzen und sich für diesen und andere Spielplätze in Alfter nach Spielplatzpaten umzusehen. Für die Jugendlichen soll ein Angebot geschaffen werden, das ihnen Alternativen zur "Gewalt aus Langeweile" bietet.

Begründung der Jury 1996 für den zweiten Preis

Die Initiative der Mädchen, sich für ihre direkten Interessen selbst einzusetzen, ist vorbildlich. Die Kinder haben die Probleme erkannt und gehandelt. Sie haben dabei zielsicher die Öffentlichkeit auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht.

Damit haben sie das von der UN-Konvention festgelegte Recht auf Information eingefordert und die Verwaltungen darauf gestoßen, dass Kinder sich nur da wohlfühlen können, wo auch die Umgebung stimmt: wo es Angebote für Jugendliche gibt, damit die nicht die Spielräume der Kinder zerstören; wo es wirklich kindgerechte Informationen (Kinderstadtplan) gibt, damit Kinder sich zurechtfinden, und wo es eine Verwaltung gibt, die den Kindern auch zuhört und ihre Anregungen umsetzt.

Der Erfolg gibt den Kindern recht

Der Kinderstadtplan wurde gedruckt, eine Neuauflage gab es leider nicht. Aber das Selbstbewusstsein der Kinder wurde gestärkt, so dass sie gleich die nächste Aktion - die Rettung der Bücherei - anschlossen. Auch der Spielplatz in Alfter wurde repariert. Beides Beispiele, die andern Kindern als Vorbild dienen können, sich zu engagieren.