Christian Worch

Gründung der Partei "Die Rechte"

Auffangbecken für verbotene Neonazi-Vereine

Stand: 18.09.2012, 15:46 Uhr

Rund vier Wochen nach dem Verbot zweier neonazistischer Vereine aus der Region Dortmund haben sich deren Führungsköpfe zusammengetan und den Landesverband der Partei "Die Rechte" gegründet. Steckt dahinter der Versuch, Schutz unter einer anderen Rechtsform zu suchen?

Von Sven Gantzkow

Es könnte der Beginn eines kleinteiligen Rechtsstreits mit weitreichenden Folgen sein: Führende Köpfe aus der westfälischen Neonaziszene, deren Vereine im August vom Landesinnenministerium verboten wurden, haben in Dortmund den Landesverband der Partei "Die Rechte" gegründet. Das bestätigten am Dienstag (18.09.2012) sowohl die Polizei in Dortmund als auch das Innenministerium in Düsseldorf. Auf Bundesebene existiert die Partei seit Pfingsten 2012. Die Mitglieder ehemaliger Landesverbände der rechtsextremen DVU hatten sich damals zusammengetan, nachdem ihre Partei mit der NPD fusioniert hatte. Kopf von "Die Rechte" ist Christian Worch, "eine der zentralen Größen der militanten neonazistischen Kameradschaftsszene in Deutschland", so die Einschätzung von Alexander Häusler vom Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus an der Düsseldorfer FH. Laut Homepage der Partei "Die Rechte" will Worch sich im politischen Feld zwischen NPD und Pro-Bewegungen positionieren. Satzung und Programm sind laut Büro des Bundeswahlleiters in Wiesbaden eingereicht, bislang aber unvollständig.

"Führungspersonen der verbotenen Vereine"

Razzia 23.08.2012, Kameradschaft Hamm

Razzia am 23. August 2012 bei der "Kameradschaft Hamm"

Auf Landesebene finden sich im Vorstand von "Die Rechte" viele Mitglieder der beiden aufgelösten Vereine "Nationaler Widerstand Dortmund" und "Kameradschaft Hamm" wieder. Sie waren am 23. August 2012 im Rahmen breit angelegter Razzien gegen rechtsextreme Netzwerke zusammen mit der "Kameradschaft Aachener Land" verboten worden. Vorsitzender des Landesverbands von "Die Rechte" ist Dennis Giemsch, der wie sein Stellvertreter Michael Brück aus den Reihen des "Nationalen Widerstands Dortmund" stammt. Ein weiteres Vorstandsmitglied ist Sascha Krolzig, er gilt als der ehemalige Anführer der "Kameradschaft Hamm". Von einem Sprecher der Polizei in Dortmund werden die Teilnehmer des Gründungstreffens als "bekannte Dortmunder Führungspersonen der verbotenen Vereine" beschrieben. Auch der Chef der Bundespartei, Christian Worch, sei beim Gründungstreffen anwesend gewesen.

Entscheidend ist die Rechtsform

Für Rechtsextremismus-Experte Häusler steht fest: "Das ist offensichtlich der durchsichtige Versuch, die Vereinsverbote durch die Gründung einer Partei aufzuheben." Dreh- und Angelpunkt sei die Rechtsform: Laut dem Düsseldorfer Innenministerium erstreckt sich die Verbotsverfügung auch auf "Nachfolge- oder Ersatzorganisationen". Damit soll sichergestellt werden, dass sich die militanten Kräfte nicht reorganisieren. Unklar scheint aber nun zu sein, was alles als "Nachfolge- und Ersatzorganisation" gilt. Laut einem Sprecher des Ministeriums prüfe man derzeit, ob der Landesverband von "Die Rechte" juristisch unter diese Begriffe fällt.

Nur eine Schutzbehauptung

Alexander Häusler, Sozialwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus der Fachhochschule Düsseldorf

Experte für Rechtsextremismus: Alexander Häusler

Sollte "Die Rechte" als Partei gelten, wird es juristisch wesentlich komplizierter, sie aufzulösen. Denn: An ein Verbot von Parteien sind mehr Voraussetzungen geknüpft als an ein Vereinsverbot. Die zentrale Frage ist demnach laut Häusler: "Können die Mitglieder von verbotenen Vereinen das Verbot durch die Neugründung einer Partei umgehen?" Auf jeden Fall läge der Verdacht nahe, dass "Die Rechte" in erster Linie gegründet worden sei, um "als verstecktes Wiederbetätigungsfeld für militante neonazistische Vereinigungen zu dienen". Eine reguläre Parteiarbeit sei von "Die Rechte" nicht zu erwarten, so Häusler. Dafür sprächen verschiedene Faktoren. Zuerst seien die Hauptakteure allesamt den sogenannten "Kameradschaften" zuzurechnen, die den Straßenkampf bevorzugen und Parteistrukturen ablehnen. Außerdem passe ihre Kameradschaftsvergangenheit nicht zu der Ankündigung, sich zwischen NPD und Pro-Bewegung positionieren zu wollen, weswegen Häusler diese Aussage als Schutzbehauptung wertet. Für ihn scheint daher wahrscheinlich: "Die neue Partei soll ein Dach für Kameradschaften bilden, die dann einen besseren rechtlichen Schutz genießen."

Bekämpft wird nur die Spitze des Eisbergs

Bleibt die Frage, ob die Verbote dann überhaupt sinnvoll waren. "Auf jeden Fall", sagt Häusler. "Das war höchst notwendig und schon lange an der Zeit." Vereine wie die gewaltbereite "Kameradschaft Aachener Land" hätten bereits seit zehn Jahren ungestört regionale Strukturen wie Jugend- und Sportvereine unterwandern können. "Deswegen war das Verbot ein überfälliger Schritt in die richtige Richtung." Häusler mahnt gleichzeitig aber auch an, das Augenmerk stärker auf die Prävention zu richten. "Das ist bislang defizitär ausgestattet", ist sein Urteil. "Was bekämpft wird, ist nur die Spitze des Eisbergs." Wichtig sei es aber, die rechtsextremen Strukturen bereits zu verhindern, bevor sie entstehen. "Die rot-grüne Landesregierung hat ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus angekündigt, bislang kam da aber nichts", so Häusler.

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