Musik aus dem Computer, grafische Darstellung

Stichtag

1. Juni 1999 - Musiktauschbörse Napster startet im Internet

Als Shawn Fanning 18 Jahre alt ist, haben er und zwei Freunde eine Idee: Sie entwickeln ein Programm, das übers Internet alle jene zusammenbringt, die ihre Musik tauschen wollen – weltweit, kosten- und grenzenlos. Napster nennen sie die Software – nach Fannings User-Namen – und stellen sie am 1. Juni 1999 ins Netz. "Ich erinnere mich an die erste MP3, die ich heruntergeladen habe. Es sind nur Audiodaten – aber über sie werden Gefühle transportiert. Verrückt, dass man etwas, das einem so wichtig ist, so frei verschicken kann", sagt Shawn Fanning, Informatik-Student aus Boston.

Musikindustrie hat den Trend zum Download verschlafen

Revolutionär ist der Peer-to-peer-Ansatz: Mit Napster geben User alle MP3-Musikstücke auf ihrem Rechner frei. Ganze Plattensammlungen sind plötzlich nur einen Mausklick entfernt. Schnell wird Napster zum Geheimtipp von zwei Millionen Usern. Ein Grund: Die Musikindustrie hat den Trend zum Download im Netz verschlafen.

Der Dachverband der US-Musikindustrie klagt bald auf 100.000 Dollar Schadensersatz für jeden über Napster getauschten Song. Und der Rüpel-Rapper Eminem – gerade zum Plattenmillionär aufgestiegen – ruft: "Wenn diese Napster-Scheiße noch größer wird, könnte sie den ganzen Zweck des Musikmachens vernichten."

Bands gehen wieder öfter auf Tour

Doch mit den Prozessen wird Napster erst recht weltbekannt. Bald tauschen 80 Millionen Nutzer zwei Milliarden Songs im Monat. "Gerade weil es zunächst keine legalen kommerziellen Angebote im Internet gab, konnte sich die Kostenlos-Mentalität bei den Konsumenten erst durchsetzen", sagt der Stuttgarter Soziologie-Professor Ulrich Dolata.

Nach zwei Jahren im Netz verliert Napster alle Prozesse und muss den Stecker ziehen. Doch die User weichen auf andere Tauschbörsen aus: Erst Gnutella, dann Kazaa und viele andere. Die laufen – anders als Napster – ohne Zentralserver und sind deshalb kaum zu orten. Die Umsätze der Musikindustrie haben sich vom Napster-Schock nie erholt, sondern sich seitdem halbiert. Und weil die Musiker immer weniger von ihren Plattenverkäufen leben können, gehen viele Bands wieder öfter auf Tour.

Stand: 01.06.2014

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"Zeitzeichen auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 1. Juni 2014 ebenfalls an Napster. Auch das "Zeitzeichen" gibt es als Podcast.

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