Stichtag

27. Dezember 2005 - Vor 105 Jahren: Autorennfahrer Hans Stuck wird geboren

Seine Karriere beginnt mit einer Wette: Anfang der 1920er Jahre bringt Hans Stuck jeden Morgen die Milch vom väterlichen Hof im oberbayerischen Beuerberg nach München. Er rast mit seinem Dürrkopp-Pritschenwagen derart schnell, dass sich einige Honorationen der nahen Stadt Wolfratshausen in ihren Nobelkarrossen empören. "Ich habe ihnen gesagt: Also ich garantiere euch, diesen Wolfratshauser Berg, der aus drei Haarnadelkurven besteht und ungefähr 350 Meter lang ist, den fahr ich rückwärts schneller rauf als ihr vorwärts." Gesagt - getan: Mit eineinhalb Sekunden Vorsprung hängt er die Konkurrenten ab.

Hans Stuck, der am 27. Dezember 1900 in Warschau geboren wird, entstammt einer badischen Industriellenfamilie. Nach dem Abitur studiert er Agrarwirtschaft in Stuttgart-Hohenheim und in Breslau. Im Ersten Weltkrieg ist er Offizier. Den ersten Sportwagen kauft er sich 1924. Sponsoren gibt es damals nicht. Autos, Reparaturen, Benzin und Reisen müssen die Rennfahrer selbst bezahlen. "Soviel Geld hatte ich nicht, also habe ich kurz entschlossen mein Gut verkauft." Als der Direktor seiner Bank ein paar Monate später mit dem Geld türmt, wird Stuck Werksfahrer bei Daimler - und Rennfahrer von Beruf. Ihm liegen besonders die steilen, kurvigen Strecken. Seine Siege bringen ihm den Titel "Bergkönig" ein. 1934 gewinnt er zum ersten Mal den Großen Preis von Deutschland auf seiner Lieblingsstrecke, dem Nürburgring.

Adolf Hitler ist begeistert von dem 1,92 Meter großen, blonden und blauäugigen Hans. Der Diktator fragt Stuck, wer den "deutschen Rennwagen" bauen soll. "Natürlich habe ich ihm Professor Porsche vorgeschlagen. Und damit begann die Ära der deutschen Silberpfeile." Den Zweiten Weltkrieg verbringt Stuck als Truppenunterhalter hinter der Front. Professor Ferdinand Sauerbruch schreibt ihn wehruntauglich - aufgrund seiner vielen Verletzungen: "Ich habe drei Mal den Schädel gebrochen." Außerdem hat er einen Wirbelsäulenbruch, ein künstliches Ellbogengelenk und Brüche an den Ober- und Unterschenkeln. Seine Bekanntschaft zu Hitler rettet - paradoxerweise - das Leben von Stucks zweiter Ehefrau Paula von Reznicek, der deutschen Tennismeisterin jüdischer Herkunft. Nach dem Krieg repariert Stuck für Zigaretten die Autos amerikanischer Soldaten und fährt weiter Rennen - insgesamt 635. "Davon sind ungefähr 420 Bergrekorde, etwa 28 Weltrekorde und der Rest Grand Prixs und Rundstreckenrennen." 1960 erringt Stuck noch einmal den Titel Deutscher Bergmeister und beendet seine Karriere mit 60 Jahren. Danach widmet er sich den Fahrkünsten seines Sohnes Hans-Joachim aus dritter Ehe, der später in die Formel-1 einsteigt. Hans Stuck stirbt am 8. Februar 1978 in einem Krankenhaus in Garmisch-Partenkirchen im Alter von 77 Jahren an einer Herzschwäche. Mittlerweile jagt mit Hans-Joachims Söhnen, Johannes und Ferdinand, bereits die dritte Rennfahrer-Generation der Familie Stuck über die Pisten.

Stand: 27.12.05